Sweet Tooth von Zeichner und Autor Jeff Lemire (Essex County, The Nobody) ist ein seltsamer kleiner Comic. Nachdem 2010 eine Menge Titel bei Vertigo Comics eingestellt wurden (unter Anderem Air, Greek Street), bangte ich ehrlich gesagt auch um Sweet Tooth. Zu wenig massentauglich erschien mir die Story um Gus und Jepperd. Aber ich irrte mich.
Jepperd ist ein verbitterter alternder Kämpfer, Gus ein unschuldiger Junge mit Geweih. Die Welt von Sweet Tooth ist postapokalyptisch. Eine ominöse Krankheit raffte die Mehrzahl der Menschen qualvoll dahin, sie kann jeden überall treffen. Kinder werden deformiert geboren. Schweinenasen, Geweihe, Grabehände – in der Welt von Sweet Tooth ist all das normal. Es ist eine düstere Welt, die Jeff Lemire zeichnet und beschreibt und so bleibt es nicht aus, dass Charaktere sich wandeln, verletzt werden, sterben. Die Beziehung zwischen Gus und Jepperd dient dabei als roter Faden. Wo das alles hinführen wird ist unklar, Lemire hat der Geschichte schon mehrmals eine neue, überraschende Wendung gegeben.
Alles in Allem also ein wirklich stranges Konzept. Aber es läuft nun schon seit zwei Jahren, scheint daher nicht nur mir zu gefallen. Das mag an den Zeichnungen liegen, denn die sind super. Man muss wohl Lemires irgendwie fahrig wirkenden Stil mögen, aber dann ist Sweet Tooth ein Fest für die Augen. Manche Panels sind so herausragend gut aufgebaut, dass man staunend davor sitzt. Ich interessiere mich in der Regel mehr für die Geschichten als für die Zeichnungen, aber Sweet Tooth lese ich explizit auch wegen ihnen. Lemires Figuren reden nicht viel, sie handeln.
Sweet Tooth ist experimentierfreudig (aber nie verkopft!). So ist Heft 12 fast wie ein Bilderbuch aufgebaut, nur am unteren Rand der Seite befinden sich zwei oder drei Zeilen Text. Heft 18 nutzt als Einziges bisher Querformat. Lemires Ideen sind immer wieder spannend und verfolgen einen Zweck. Einen guten Eindruck vermitteln bereits die Cover der Hefte, die ihr hier bewundern könnt.
Sweet Tooth ist eindeutig einer der spannendsten Titel im aktuellen Vertigo-Sortiment und ich hoffe, dass er noch sehr lange läuft. Mir fällt fast nichts Negatives ein. Einziger Kritikpunkt ist, dass die Hefte sich teils recht schnell lesen, aber der greift nur, wenn man nicht wieder einmal vor einer der Zeichnungen sitzt und merkt, dass es gar keine Worte braucht, um viel zu sagen. Eine Kunst, die Lemire wie kaum ein Anderer beherrscht.
Schaut euch dieses Preview zu Heft 1 an, wenn ihr Sweet Tooth noch nicht kennt! Auf Nerdcore gibts ebenfalls eine Besprechung mit ein paar Panels.
Pingback: Vertigo #1: Dominique Laveau – Voodoo Child | Ti_Leo meint:
Pingback: DC New 52 Animal Man Review: Diese Neuauflage müsst ihr lesen | Ti_Leo meint: