Ich lese, wie bereits erwähnt, sonst keine Superhelden-Comics, sondern schätze Vertigo Comics sehr. Animal Man war eine der Reihen mit der dieser erwachsenere Ableger von DC Comics 1993 startete. Damals belebte Grant Morrison den eher blassen Buddy Baker neu, indem er zu der Zeit für Comics ungewöhnliche Themen wie Vegetarismus oder Tierrechte aufgriff.
Cover: Seit ich es zum ersten Mal sah, wusste ich: Den Comic muss ich haben. Das Cover ist herausragend gut. Ich will es gar nicht weiter beschreiben, schaut es euch an und ihr wisst, was ich meine.
Plot: Buddy Baker ist Familienmensch, neuerdings Schauspieler und er besitzt Superkräfte. Manchmal kämpft er, einfach nur aus Spaß, als Animal Man gegen das Böse. Buddy kann sich in das „Morphogenetische Feld“ der Erde einklinken und so Eigenschaften beliebiger Tiere annehmen. Schnell wie ein Jaguar, stark wie ein Löwe – bei Buddy Baker ist das wörtlich zu nehmen.
Als er Krankenhauskinder vor einem amoklaufenden Mann rettet (ohne ihn zu töten, Buddy ist ein sehr selbstreflektierender, moralisch handelnder Held) passiert etwas Unerklärliches: Aus Buddy Bakers Augen schießt Blut. Eine Untersuchung ergibt aber, dass er körperlich völlig gesund sei, also denkt Buddy sich nichts weiter dabei und kehrt in sein Heim, zu Frau und Kindern, zurück. Dort hat er einen verstörenden Traum, der die Grundfesten seiner Existenz bedroht. Kaum aufgewacht muss er feststellen, dass das Unerklärliche in seinen Alltag eingezogen ist.
Review: Ich sag’s gleich vorweg: Animal Man ist bisher mein Lieblingscomic unter den DC-Neustarts. Grant Morrison schuf mit Buddy Baker einen Superhelden mit ganz normalem Leben. Buddy war verheiratet, hatte Kinder und lebte in einem einfachen Haus. Genau hier setzt der von mir sehr geschätzte Jeff Lemire (unter Anderem Sweet Tooth) seine Geschichte an. Hat der Leser die erste Seite gelesen (ja, sie besteht wirklich ausschließlich aus einem Interview, das Jeff Lemire im Auftrag der Zeitschrift „The Believer“ mit Buddy Baker führt), dürfte er zuerst angesichts des Zeichenstils überrascht sein.
Der unterscheidet sich sehr von den bisherigen Neuveröffentlichungen. Kaum Hintergründe, eine reduzierte Farbpalette, seltsame Blickwinkel – das alles erinnert an den Vertigo-Stil und mag manchen DC-Fan abschrecken. Das wär aber schade, denn Animal Man ist der wohl experimentellste Comic der bisherigen DC New 52. So wie Jeff Lemire genau der richtige Autor für die Geschichte ist, ist Travel Foreman der perfekte Zeichner.
Es gelingt Lemire mühelos, uns Buddys Sorge um seine Familie nahezubringen, den Konflikt zwischen Superhelden-Dasein und Familienmensch aufzuzeigen und Buddys Kräfte zu illustrieren. Innerhalb weniger Seiten baut Lemire ein bedrohliches Szenario auf. Wenn Lemire ab der Mitte des Comics die Situation kippen und der Horror Einzug halten lässt, trifft das, dank der tollen Zeichnungen von Travel Foreman, auch den Leser unvorbereitet. In diesen angsteinflößenden Szenen zeigt Foreman, warum er der richtige für den Job ist.
Ich habe selten und noch nie in einem Comic, eine solch „realistische“ Traumsequenz gelesen. Lemire gelingt es perfekt, das Sprunghafte eines Traums zu verdeutlichen, die Sinnhaftigkeit von Situationen, die eigentlich, für den wachen Geist, keinen Zusammenhang haben. Foreman illustriert die Traumsequenz nur in Grautönen und Rot. Lemire lässt den Traum unaufhaltsam immer alptraumartiger werden und der Leser ist erleichtert, als Buddy schließlich aufwacht. Und *zack* trifft einen unvorbereitet die letzte Seite und lässt einen schaudern.
Fazit: Ich sagte es bereits zu Beginn des Reviews: Dieser Comic ist supergut. Wenn ihr auch nur einen einzigen der DC-Neustarts kaufen wollt, holt euch Animal Man #1. Lemire und Foreman haben bereits mit Heft 1 einen modernen Klassiker geschaffen. Ich kann es kaum erwarten, der Geschichte weiter zu folgen. Ihr findet vielleicht, ich habe zuviele Superlative in diesem Review verwendet, aber Animal Man ist so gut. Lesebefehl!
Ich bin gespannt, wie andere Leser das sehen. Reviews und News rund um Animal Man und die anderen DC Neustarts findet ihr wie immer auf dem Weblog des Comicladens Grober Unfug. Berliner: Kauft euch das Ding!
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Zu den Panels gibts einen spannenden Artikel: http://fileunderother.blogspot.com/2011/10/dissecting-animal-man-and-dcs-new-52.html
Wenn man da so liest, bewundert man die Zeichnungen noch viel mehr.
Uneingeschränkte Zustimmung!! Nach dem Cover war ich erstmal leicht abgetörnt von den minimalistischeren Zeichnungen, mir gefiel jedoch der geordnete Aufbau von Story und Charakterzeichnung, die dann von der genialen Traumsequenz großartig kontrastiert worden sind und uns mit einem spannenden Cliffhanger zurücklassen.