Terraria – Work In Progress oder Hundert Stunden sind auch nur fünf Tage

„Terraria ist ein Minecraft-Klon.“ Wer immer sich mit dem Indiehit von 2011 (über zwei Millionen mal verkauft) beschäftigt, wird schnell auf diesen oder einen ähnlichen Satz stoßen. Das ist so, weil es stimmt. Allerdings ist das noch nicht die ganze Wahrheit über Terraria.

Buddeln, Holz hacken, Craften, Häuser bauen – Terraria orientiert sich, vor allem zu Beginn, tatsächlich sehr stark an Minecraft. Mancher Soundeffekt wirkt, als stamme er 1:1 aus Minecraft. Der Spieler startet im Nirgendwo mit einer Axt, einer Spitzhacke und einem Schwert. Eine Story gibt es nicht, ein freundlicher NPC rät aber, sich ein Haus zu bauen, um sich vor Feinden zu schützen. Also geht man los und fällt ein paar Bäume. Aus dem Holz baut man sich nun das erste Haus. Nachts kommen die Zombies, aber in den eigenen vier Wänden ist man sicher.

Wenn es an der Oberfläche gefährlich ist, buddelt man sich eben in die Tiefe. Dort gibt es viel zu entdecken. Materialien wie Erze, die wir brauchen, um bessere Ausrüstung herzustellen. Geheimnisvolle Artefakte. Lebenskristalle, die dauerhaft unser Hitpoints erhöhen. Genau wie Minecraft ist die Welt von Terraria zufallsgeneriert und es existieren riesige, weit verzweigte Höhlensysteme. Ist unser Inventar voll, machen wir uns wieder auf den Weg zur Oberfläche, rüsten uns mit besseren Gegenständen aus, erweitern unser Haus und verschönern die Umgebung. Soweit so Minecraft. Wo aber sind die Unterschiede? Warum ist Terraria auch für Minecraft-Veteranen einen Blick wert?

Terraria ist anders. Wichtigster Unterschied: Terraria ist ein 2D-Sidescroller. Grafisch kann man sich Terraria wie einen Mix aus Minecraft und Super Mario vorstellen. Die Grafik ist äußerst retro, manche meinen auch hässlich. Mir gefällt der Stil allerdings gut und wenn man sich darauf einlässt, entdeckt man viele liebevolle Kleinigkeiten, die der Spielwelt Leben einhauchen. Dazu passt auch der Sound, den man bereits nach kurzer Zeit kaum noch wahrnimmt. Viel Arbeit wurde auch in die Lichteffekte gesteckt. Mit verschieden gefärbten Fackeln lassen sich stimmungsvolle Beleuchtungen erreichen. Man merkt Terraria an, wieviel Herzblut darin steckt, typisch für ein gelungenes Independent Game.

Von Beginn an merkt man, dass Terraria deutlich kampfbetonter verläuft als Minecraft. Es gibt auch deutlich mehr Rezepte, die man nicht mühsam heraus finden muss. Stattdessen verrät einem ein NPC, welche Gegenstände man aus welchen Materialien herstellen kann. Items verschleißen nicht, sie werden aber zufallsgeneriert in bestimmten Qualitätsstufen hergestellt. Es ist also durchaus ratsam, mehrmals denselben Gegenstand zu craften, bis man einen mit den richtigen Boni hat. Schneller lassen sich die Boni und Mali auch gegen Gold ändern, so dass man keine Materialien mehr verschwenden muss.

Um wichtige Items wie Fackeln herstellen zu können, ist man gezwungen, hin und wieder zu kämpfen. Bestimmte wertvolle Materialien droppen sogar nur bei oder nach Bosskämpfen. Richtig gelesen: In Terraria gibt es Bossmonster. Die sind oft riesig groß und haben massig Hitpoints. Ohne die passende Ausrüstung hat man da keine Chance.

Stirbt man mal, was des Öfteren passiert, ist das kein Drama. Man verliert die Hälfte des Geldes im Inventar, aber sonst bleiben alle Items erhalten (zumindest im einfachsten der drei Schwierigkeitsgrade). Für Geld kann man beim Händler nützliche Gegenstände erwerben. Damit der Händler einzieht, braucht er ein eigenes Haus. Bis zu zehn NPCs schließen sich im Lauf des Spiels dem Spieler an. Von der Krankenschwester über den Waffenhändler bis zum Alchemisten bieten sie alle spezifische Vorteile für den Spieler. Damit die NPCs erscheinen, muss der Spieler bestimmte Aktionen ausführen. Anfangs reicht es noch, Dinge wie Heiltränke oder Bomben zu finden, später sind die Anforderungen deutlich kniffliger, meist muss vorher ein Bossgegner besiegt werden.

Was – auch eher friedlichen Naturen, wie mir – einen Heidenspaß macht. Bei den Bosskämpfen merkt man deutlich, dass man mit besserer Ausrüstung auch ein besserer Kämpfer wird. Man fühlt sich direkt mächtiger, wenn man in Demonite-Rüstung mit einem Laserschwert (richtig gelesen, ihr könnt euch ein Phaseblade herstellen, welches nicht nur leuchtet, sondern sogar das typische Geräusch einen Lichtschwerts macht) um sich haut und dabei mittels Raketenstiefeln gekonnt dem „Weltenfresser“ oder dem „Auge des Cthulu“ ausweicht.

Das liegt auch an der Kollisionsabfrage, bei 2D-Spielen überaus wichtig ist und bestens funktioniert. Die stimmigen Beleuchtungseffekte werten die Grafik enorm auf. Die Bedienung ist (bis auf das Inventar) simpel und intuitiv. Der Suchtfaktor ist enorm hoch, fast höher als in Minecraft. Man hat zu jeder Zeit etwas zu tun, meist mehrere Dinge zugleich. Ich habe bereits über 110 Stunden im Spiel zugebracht und noch immer nicht alle Bossmonster erledigt. Und selbst wenn ich das demnächst irgendwann geschafft habe, ist Terraria nicht zuende, sondern man schaltet den Hardmode mit neuen Monstern, neuen Materialien und neuen Gegenständen frei.

Terraria bietet einen Multiplayermodus per Netzwerk oder Internet. Die Systemanforderungen sind äußerst niedrig, das Spiel bietet zudem viele Möglichkeiten, die Einstellungen entsprechend der eigenen Präferenzen zu ändern. Das Spiel kostet 10€ via Steam, 20€ in der Verkaufsversion, die man im Laden erwerben kann, ist also preiswert. Die Ladenversion enthält zusätzlich ziemlich unnützen Schnickschnack: Einen Spitzhacken-Schlüsselanhänger aus Gummi, ein Poster, sowie zwei Sammelkarten. Die Entwicklung von Terraria ist abgeschlossen, es erscheinen keine neuen Updates mehr.

Natürlich hat Terraria auch ein paar Schwächen. Das Inventar von Terraria ist eine Zumutung. Man gewöhnt sich daran, aber es bleibt unübersichtlich und umständlich zu bedienen. Die Grafik ist was für Liebhaber, die meisten Menschen müssen wohl darüber hinweg sehen können. Diese Schwäche teilt sich Terraria allerdings mit Minecraft. Eher ein Luxusproblem, aber gerade für Minecraft-Fans nicht unwichtig: Die Spielwelt von Terraria ist nicht unendlich groß, der Spielumfang ist daher begrenzt. Terraria ist kein Endlosspiel. Bis man allerdings alles entdeckt hat, vergehen unzählige Stunden und dann kann man immer noch einfach mit allen Gegenständen im Inventar auf einer neu generierten Karte von Neuem beginnen.

Einen bösen Schnitzer erlaubt sich Terraria allerdings: Die Ladenversion bietet auch eine deutsche Übersetzung. Die führt aber beim Ausrüsten von Rüstungsteilen zum Absturz des Spiels, ist also unspielbar. Aber auch in der Originalsprache Englisch ist Terraria gut zu verstehen, also keine Panik und die Sprache in den Einstellungen auf Englisch stellen!

Fazit: Terraria ist ein Spielspaßmonster. Getarnt als simples 2D-Spiel bietet es unzählige Möglichkeiten, sich in der Spielwelt kreativ auszutoben. Darüber hinaus bietet Terraria weitere Herausforderungen in Form von Bosskämpfen und umfangreichem Crafting. Terraria fesselt enorm. Die neuen Spielelemente passen gut ins Setting und machen Terraria zu einem eigenen Spiel, das Elemente bei Minecraft leiht, diese aber gekonnt erweitert.

Nützliche Links:
Offizielle Homepage Terraria
Terraria Wiki (englischsprachig)
Terraria Wiki (deutschsprachig)

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