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Axel E. Fischer fordert: [Hier Unsinn einsetzen]

Erinnert sich noch jemand an die „Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft“? Da sitzen Politiker mit „Internet- Experten“ zusammen und sollen bis 2012 Handlungsvorschläge erarbeiten, wie man mit dem bösen Internet zukünftig umgehen könnte. Die Leitung obliegt Axel Fischer (CDU).

Genau dieser Axel Fischer hat am heutigen stillen Feiertag laut heise online ein „Vermummungsverbot im Internet“ gefordert (zu lesen in den Badischen Neuesten Nachrichten, die am Montag erscheinen werden). Weil die Metapher so strange ist, dass man kaum verstehen kann, was der gute Mann meint, sei kurz erläutert, worum es geht: Axel Fischer hat was gegen Nicknames, weil man sich hinter denen ja verstecken könnte.

Typisch CDUler wirft er verschiedenste Dinge in einen Topf, die nix miteinander zu tun haben, rührt kräftig um und begründet seine krude Forderung mit kruden Argumenten, unter Verwendung kreativer, aber unpassender Metaphern („Vermummung“). Das Ganze gepaart mit einem ungesunden Misstrauen dem freien Bürger gegenüber. Gar nicht so einfach, das sinnvoll darzustellen.

Eigentlich geht es Fischer um unsere Demokratie. Da müsse man mit „offenem Visier“ kämpfen (Scheißidee, wofür war ein Visier nochmal da?). Wenn in Foren alle mit Nicknames posten, ist das irgendwie schlecht, weil Bürger sich damit ihrer „Verantwortung“ entziehen.

Ich beglückwünsche Fischer ausdrücklich dazu, dass er scheinbar nur in Foren aktiv ist, in denen konstruktiv politisch diskutiert wird, meiner Erfahrung nach ist das nämlich nicht so. Vielmehr wird in Foren gesmalltalkt, getrollt, sich harmlos unterhalten, oft ohne jeglichen Gehalt, just for fun. Manchmal wird auch politisch diskutiert, aber entschieden wird da genau gar nix. Wozu man dafür Klarnamen braucht, erschließt sich mir nicht. Wirkliche politische Partizipation ist unter einem Nickname nicht möglich. Es besteht also gar kein Problem. Begeht man Straftaten ist man auch heutzutage durchaus zu identifizieren, nur nicht von Hinz und Kunz (oder Axel E. Fischer).

Klarnamen würden vielleicht die Gesprächskultur verbessern. Aber kaum jemand würde dafür die Vorteile der eigenen Anonymität über Bord werfen. Zu bestimmten Themen würde man sich heutzutage vielleicht gar nicht mehr äußern. Dazu gehören auch und gerade politische Themen (über die selten genug diskutiert wird). Klarnamen könnten also durchaus kontraproduktiv wirken und die Bürger in ihrer Teilnahme an politischen Prozessen hemmen. Nicht umsonst wählen wir geheim. Ein Politiker sollte sich dessen bewusst sein.

Nachdem er Klarnamen gefordert hat, setzt Fischer sich gleich noch für den digitalen Radiergummi ein, was dermaßen abstrus gedacht ist, dass es mir schwer fällt, das nachzuvollziehen.

Erst zwingt man alle Bürger, jeden Scheiß unter ihrem echten Namen zu posten, dann findet natürlich auch jeder allen Mist, den jemand jemals verfasst hat und kann den einem echten Namen zuordnen und dann will man seine Bürger schützen, indem man das Internet „vergessen“ lässt? Gerade Nicknames sind doch eine frei gewählte Möglichkeit des Bürgers sich solcher Zuordnung zu entziehen. Bisher.

Wie möchte Fischer die eindeutige Identifizierung des Bürgers eigentlich praktisch realisieren? Kommt ihr nie drauf: Mit dem neuen Personalausweis. Na, wer von euch hätte gedacht, dass das darauf hinaus läuft? Ich bin jedenfalls heilfroh, dass ich mir noch rechtzeitig den alten Perso geholt habe, bin aber unsicher, ob ich den nicht vor Ablauf seiner Gültigkeit gegen einen neuen eintauschen muss, wenn so Menschen wie Fischer sich mit ihren dummen Ideen durchsetzen.

Freilich hat Fischer zentrale Probleme seiner Forderung nicht durchdacht. So scheint er zu vergessen, dass es durchaus Namen gibt, die mehrere Personen sich teilen, sagen wir mal Max Müller. Besagter Max Müller könnte sich in vielen Foren wohl nicht mehr anmelden, da sein Name bereits vergeben wäre. Außerdem würden die von ihm getätigten Aussagen mit denen aller anderen Max Müllers, die sich vor ihm in anderen Foren angemeldet hätten, in einen Topf geworfen werden, was Max Müller sicher nicht allzu sehr freuen dürfte. Eindeutig ist so ein Name nämlich natürlich nicht. Bliebe also doch nur eine ID oder Ähnliches. Dann sollte Fischer seine Forderung aber ändern, denn mit Nicknames hat das nichts mehr zu tun.

Sinnvoll im Sinne Fischers wäre eigentlich nur eine Art Anmeldung ans Netz, unter Nutzung einer ID, bevor man los surfen kann. Das würde einer Totalüberwachung des eigenen Surfverhaltens gleich kommen und wäre potentiell sehr schädlich, wenn es, was fast zwangsläufig scheint, in die falschen Hände gerät.

Von der „Enquete- Komission Internet und digitale Gesellschaft“ erwarte ich indes nix Positives mehr, obwohl da durchaus ein paar wenige fähige Leute beteiligt sind. Die haben aber scheinbar nix zu sagen und sollten aus meiner Sicht zukünftig die Mitarbeit verweigern, da sie sonst ihren guten Ruf gefährden, ohne im Gegenzug Einfluss ausüben zu können. Vor den „Handlungsempfehlungen“ sollte man sich offenbar fürchten.

Und damit ihr noch ein wenig Spaß habt: Norbert Hense sammelt auf seinem Blog Posts zum spontan entstandenen Twitter- Mem „Axel E. Fischer fordert“.

Schnittchen.tv hat auch noch ein paar.

Hier noch ein Video, in dem Axel. E. Fischer unter anderem darüber redet, ob der Vorsitzende einer Enquete- Kommission zum Thema Internet auch Ahnung vom Internet haben sollte. Zitat direkt zu Beginn: „Jemand der ein Fahrzeug steuert, muss das Fahrzeug nicht herstellen oder konstruieren können, er muss es steuern können.

Auch gulli.com berichtet: CDU- Abgeordneter fordert „Vermummungsverbot im Internet“.

Netzpolitik.org hat auch einen Artikel: „Vermummungsverbot“ im Internet. Darin beschäftigt sich Linus Neumann genauer mit der Frage, warum der Vergleich mit dem „Vermummungsverbot“ Blödsinn ist.

Der Vollständigkeit halber sei auch noch der Nerdcoreblog genannt, der das „Axel E. Fischer fordert“- Mem ebenfalls lustig findet. That´s the Internet, Herr Fischer. Da wird auch noch aus dem größten Bockmist eine witzige Aktion.

Die Süddeutsche berichtet jetzt ebenfalls.

Netzpolitik nochmal, mit einem Best Of der Beiträge zum „Axel E. Fischer fordert“- Mem