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Bedlam #1 Review – Angst und Schrecken in Bedlam

Das überlange erste Heft von Nick Spencers „Bedlam“ habe ich in erster Linie wegen der interessanten Zeichnungen von Riley Rossmo mitgenommen, die von Frazer Irving in Grau- und Rottönen koloriert wurden. Das sieht wirklich toll aus und passt super zur düsteren Story, in der es -wie bereits auf dem Cover zu lesen ist- darum geht, ob das Böse etwas ist, das wir sind oder etwas, das wir tun.

Bedlam #1 Cover

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Fillmore hat ernsthafte psychische Probleme. Diese sind aber nichts gegen seine Probleme von vor zehn Jahren, als er als Bösewicht Madder Red mit hunderten Morden ganz Bedlam in Angst und Schrecken versetzte.

Madder Red erinnert ein wenig an den Joker aus Batman. Er ist böse, aber nicht als Selbstzweck, sondern um einer kranken Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. Er hat eine Agenda. „Bedlam“ ist immer dann am Interessantesten, wenn man Madder Reds bzw. Fillmores Monologen lauscht. Nick Spencer (Morning Glories, Thief of Thieves) gelingt es, Madder Red als amoralisch, aber hoch intelligent darzustellen.

„Bedlam“ ist sehr düster und sehr gut. Die Stadt Bedlam erinnert an Gotham City. Madder Red erinnert an den Joker. „Bedlam“ lege ich jedem ans Herz, der gute Comics mag, vor allem aber all jenen, die Nolans Batman-Filme mochten.

Storm Dogs #1 Review – Geheimnisvolles Amaranth

Die Zeiten sind gut für Fans von SciFi-Comics. Gerade Image Comics und Boom Comics veröffentlichen momentan eine lesenswerte Serie nach der anderen. Neben dem grandiosen „Saga“, dem sehr guten „Hypernaturals“ und dem ebenfalls lesenwerten „Higher Earth“ erscheint jetzt mit „Storm Dogs“ von David Hine und Doug Braithwaite ein weiterer Leckerbissen.

Storm Dogs #1 Cover

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Auf dem unwirtlichen Minenplaneten Amaranth passieren geheimnisvolle Morde. Also entsendet die „Union“ das Raumschiff „SS Tarkovsy“ (die Anspielung auf den Regisseur von „Stalker“ ist vielversprechend), an Bord ein Team von speziell ausgebildeten Ermittlern. Warum die Union sich überhaupt für die Vorgänge auf Amaranth interessiert ist allen Beteiligten ein Rätsel…

Die sehr detaillierten Zeichnungen von Doug Braithwaite gefallen mir gut. Besonders gern mag ich die fremdartige Fauna auf dem Planeten. Ulises Arreola koloriert vor allem in Rot- und Brauntönen, was die lebensfeindliche Atmosphäre auf Amaranth gut rüber bringt.

Ich bin Fan von guten SciFi-Comics. Ich hoffe, die Anspielung auf Tarkovsky ist nicht einfach nur Namedropping, sondern gibt die Richtung an, in die die sechsteilige Miniserie „Storm Dogs“ sich entwickeln wird. Das letzte Panel des Comics spricht durchaus dafür. Vielversprechend!

47 Ronin Review – To know this story is to know Japan

Stan Sakai, der mit „Usagi Yojimbo“ eine seit Jahrzehnten laufende Serie um einen Samurai-Hasen schreibt und zeichnet, illustriert in der auf fünf Hefte angelegten Mini-Serie „47 Ronin“ von Mike Richardson eine alte, in Japan sehr bekannte Geschichte um den aussichtslosen Versuch von 47 Samurai ihren Meister zu rächen. Allerdings verzichtet Sakai in „47 Ronin“ auf anthromorphisierte Tierfiguren. Sein Stil ist sehr cartoonig, strotzt zugleich aber vor Details, die wohl nur Kenner der japanischen Kultur, zu denen ich nicht gehöre, ausreichend würdigen können.

47 Ronin #1 Cover

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Mike Richardson adaptiert in „47 Ronin“ die auf wahren Begebenheiten beruhende japanische Geschichte „Chūshingura“, natürlich entsprechend vereinfacht. Trotzdem wirkt das sehr authentisch. Man fühlt sich wirklich ins Japan des 17. Jahrhunderts versetzt, als die Werte der Samurai im Niedergang begriffen waren.

Daimyo (Titel für mächtige, politisch einflussreiche Landbesitzer) Asano Takumi-Naganori wird von Shogun Tokugawa Tsunayoshi an den Hof von Kaiser (Emperor) Higashiyama berufen. Die allgegenwärtige Korruption bei Hofe widerspricht Asanos Moralkodex, was schnell zu ernsthaften Komplikationen führt.

„47 Ronin“ ist nichts für Leser, die Nonstop-Action erwarten. Die Geschichte entfaltet sich langsam. Es wird viel Wert auf Details und Authentizität gelegt. Für Japan Fans ist „47 Ronin“ sowieso ein Muss. Aber selbst ohne Vorwissen sei der Comic dringend empfohlen, er ist einfach gut gemacht und erzählt.

DC New 52 – Zero Month: Die Reviews

Im September heißt es bei DC Comics „Zero Month“. Ich habe mir für euch einmal die Nullnummern („Before the New 52“) angeschaut und zu jedem ein Kurzreview verfasst. Natürlich subjektiv. Viel Spaß!

DC Comics Zero Month

Animal Man #0 von Jeff Lemire & Steve Pugh

Animal Man #0 erzählt, wie Buddy Baker zu Animal Man wurde. Ich bin mir angesichts der Komplexität und Seltsamkeit der Reihe nicht sicher, ob Heft 0 als Startpunkt für Neuleser geeignet ist, aber Lemire versucht offensichtlich, Neulesern alles Nötige zu erklären, ohne  Stammleser zu langweilen. Ich glaube, Lemire hält sich ziemlich nah an der Originalgeschichte über Buddys Verwandlung, er deutet sie aber um. Das ist spannend zu lesen und creepy wie üblich anzusehen. Hält das hohe Niveau. Ich bin gespannt, wie sich die Serie weiter entwickelt.

Aquaman #0 von Geoff Johns, Ivan Reis & Joe Prado

Von der ersten bis zur letzten Seite unterhaltsam, wird einem in Aquaman #0 quasi nebenbei der Charakter Aquaman ein wenig vorgestellt und schon ist es vorbei. Liest sich schnell, lässt sich keine Zeit, ist aber gekonnt konstruiert, so dass es nicht gehetzt wirkt. Das Äquivalent eines Hollywood-Blockbusters in Comicform. Dazu tragen auch die guten Zeichnungen von Ivan Reis und Joe Prado viel bei. Für Neuleser ganz sicher gut verständlich und daher auch als Einstieg in die Reihe geeignet. Ich mag meine Comics etwas gehaltvoller, aber schlecht ist Aquaman sicher nicht!

Batgirl #0 von Gail Simone & Ed Benes

Barbara Gordon ist Batgirl. Wie es dazu kam erzählt Batgirl #0. Es deutet auch ein tragisches, für die Batgirl-Historie sehr wichtiges Ereignis an. Die Zeichnungen von Ed Benes haben mir nicht gefallen, aber die Geschichte ist schon gut. Barbara will auf dem Polizeirevier mehr über den mysteriösen Batman erfahren und ehe sie sich versieht, ist sie als Geisel in einen Gefängnisausbruch verwickelt und am Ende des Heftes ist sie Batgirl. Das Heft reißt mich nicht vom Hocker, es ist aber auch beileibe nicht schlecht.

Batman, Incorporated #0 von Grant Morrison & Chris Burnham

Eine unterhaltsame Ansammlung alternativer Batmans und eine Art Vorstellung des Geschäftsmodells „Batman Inc“. Wäre in den Händen eines anderen Autors wohl ein totaler Reinfall, aber Morrisons Einfallsreichtum und Humor reißen es raus. Batman Incorporated #0 ist außerdem interessant gezeichnet. Chris Burnhams Stil ist hier sehr verschieden zu den sonstigen Heften. Die Farbpalette ist eine andere. Gefällt mir gut!

Batman & Robin #0 von Peter J. Tomasi, Pat Gleason & Mick Gray

Ich mag Batman-Geschichten, die mit Talia Al Ghul zu tun haben. In Batman & Robin #0 werden wir Zeuge, wie sie ihren Sohn Damian erzieht: Hart, mörderisch. Er soll einmal die Welt „zähmen“, wie es sich für einen Al Ghul gehört. Die Geschichte hat mich für die Länge des Hefts gefesselt. Ich habe sie ohne viel Vorwissen verstanden und möchte erfahren, wie sich die Beziehung zwischen Batman und Damian weiter entwickelt. Insofern alles gut. Die Zeichnungen sind ein schwieriger Fall. Damian sieht meist toll aus, Talia meistens nicht. Manche Panels sind richtig gut, andere nicht einmal mittelmäßig. Die Perspektive ist immerhin fast durchgehend interessant gewählt. Batman & Robin #0 hat mir gut gefallen. Es erinnert mich ein wenig an Batman Incorporated.

Batman: The Dark Knight #0 von Gregg Hurwitz, Mico Suayan & Juan José Ryp

Meh. Ein bisschen viele düstere Gedanken, eine wenig überraschende oder gar befriedigende Geschichte. Einmal mehr erleben wir das Trauma Bruce Waynes: Den Tod seiner Eltern. Die Zeichnungen sind nicht direkt hübsch, aber ganz interessant. Kann man sich sparen.

Batwing #0 von Judd Winick, Marcus To, Ryan Winn & Richard Zajac

Ich mag das Setting. Es mag klischeebeladen sein, aber Afrika taugt als Handlungsort für die wirklich düsteren Batwing-Stories ausgesprochen gut. Hier spritzt viel Blut und es wirkt erschreckend glaubwürdig und realistisch. Menschenleben zählen hier nicht viel. Die Bösen haben keine komplizierten Vorgeschichten. Sie beherrschen und töten, weil sie es können. Auch David alias Batwing ist ein Getriebener. Batwing #0 erzählt, wie er zu Batwing wurde und verbindet Batwing recht unkreativ, aber logisch, mit den anderen Bat-Titeln. Ganz cool. Eher zweckmäßig gezeichnet.

Batwoman #0 von J.H. Williams, III & W. Haden Blackman

Geilomat. Das war laberlastig, aber sehr gut. Ein wenig rührselig anfangs, aber gen Ende hin nahezu perfekt den Ton getroffen, den ich bei Batwoman mag. Und ein super Einstiegspunkt für Neuleser. Chapeau, ich bin wieder überzeugt davon, dass Batwoman ein toller Charakter und ihre Serie lesenswert ist.

Blue Beetle #0 von Keith Giffen, Tony Bedard, Ig Guara & J.P. Mayer

Blue Beetle #0 fand ich durchwachsen. Die Zeichnungen sind wenig beeindruckend. Die Mimik der Charaktere besteht vor allem daraus, dass sie ihre Münder aufreißen und Zähne zeigen. Die gewählten Perspektiven wirken altbacken, wohlbekannt. Da ich über den Blue Beetle nichts weiß, konnte ich die Herkunftsgeschichte hier unbelastet von Vorwissen lesen. War ganz spannend, wenn auch nicht perfekt erzählt. Am Coolsten fand ich den Teil mit Lady Styx. Die Konkurrenz zwischen dem Käfer und seinem Wirt könnte ein spannendes Thema sein. Im actionreichen SciFi-Kontext der Serie wirken die Andeutungen von moralischer Tiefe wie ein Fremdkörper. Bestenfalls Mittelmaß.

Captain Atom #0 von J.T.Krul & Freddie Williams II

Captain Atom endet mit #0. Habe die Serie komplett gelesen und für gut befunden. Beschäftigt sich mit den Schwierigkeiten, die ein „Supermensch“ so hat. Einsamkeit, Entfremdung, Allmachtsfantasien etc. Captain Atom erinnert nicht zufällig sehr an einen gewissen Doctor Manhattan aus „Watchmen“. Issue 0 ist für sich genommen eher unspektakulär. Es liefert uns die Geschichte von Captain Atoms Entstehung. Blöderweise ist die schon ziemlich gut bekannt, liefert also keine großen Überraschungen. Da es aber sowieso keinen Sinn macht, nur die Nullnummer zu lesen, muss man Captain Atom #0 im Kontext der Serie lesen und dann ist es ein gelungener Abschluss einer hochwertigen, zu kurz gelaufenen, Reihe. Die Zeichnungen von Freddie Williams II passen gut zum etwas anderen Ton der Serie, die auch gut ins Portfolio von Vertigo Comics gepasst hätte.

Demon Knights #0 von Paul Cornell & Bernard Chang

Demon Knights ist momentan einer meiner Lieblingscomics von DC Comics. Sieht super aus und erzählt spannende Geschichten. Das Setting erinnert an Mittelalter/Fantasy, mit großen Spritzern der Artus-Geschichte. Highlight der Reihe ist aber das Team. Hier ist wirklich jeder Charakter spannend und entwickelt sich interessant. Großartig. Man will einfach immer mehr Geschichten mit diesen Protagonisten lesen. Etrigan/Jason, Madame Xanadu, The Shining Night, Vandal Savage – alle zusammen in einem Comic. Issue #0 erzählt, wie es dazu kam, dass der Dämon Etrigan und der Merlin-Schüler Jason of Norwich, miteinander verschmolzen und wie sie sich miteinander arrangierten. Gerade im Hinblick auf die Ereignisse der eigentlichen Serie ein spannendes Heft, aber auch Neuleser dürften sich amüsieren. Testet Issue #0 und steigt in die Serie ein. Ich bin sehr sicher, dass ihr es nicht bereuen werdet.

Dial H #0 von China Miéville & Riccardo Burchielli

Tja, was sage ich zu Dial H? China Miéville ist der vielleicht bekannteste Vertreter sogenannten New Weird. Die Grundidee von Dial H For Hero scheint schon immer bekloppt gewesen zu sein: Mithilfe einer magischen (oder technologisch sehr hochentwickelten) Wählscheibe verwandelt sich ein stinknormaler Mensch für begrenzte Zeit in einen Superhelden.  In welchen Helden er sich genau verwandelt, bestimmt fast immer der Zufall. Gäbe es dass nicht schon, jemand wie Miéville wäre der Richtige, um sich solch eine Geschichte auszudenken. Was Miéville allerdings nicht ist: Leicht zu lesen. Seine Geschichten sind seltsam und komplex und wirken oft fast assoziativ. Er beachtet keine Genregrenzen. Das macht Dial H zu einem ziemlich anspruchsvollen Comic, der einem etwas abfordert, den man nicht einfach so weg liest. Issue 0 führt uns weg von der Gegenwart der Haupthandlung, weit in die Vergangenheit. Obwohl die Hauptserie erst wenige Bände alt ist, würde ich Neulesern empfehlen, mit Issue 0 zu starten. Es ist das bisher am Leichtesten verständliche Heft der Reihe. Danach würde ich die bisher erschienenen Hefte lesen, die versteht man dann deutlich einfacher.

Earth 2 #0 von James Robinson & Tomas Giorello

Earth 2 #0 hat mich ehrlich gesagt etwas überfordert. Das liegt zum Teil daran, dass im Heft Charaktere auftreten, die ich ansatzweise kenne (Wonder Woman, Batman, Superman), allerdings nicht sehr gut. Anspielungen wie andere Realnamen fallen mir oft nicht direkt auf, ich will sie aber gern mitbekommen. Das hilft nicht gerade beim Genießen eines Heftes. Außerdem kann ich Terry Sloan nicht einordnen, was aber wichtig für die Stimmung des Hefts wäre. Terry Sloan ist, Google macht schlauer, Mister Terrific. In Earth 2. Im Hauptuniversum ist ein anderer Mister Terrific. Der wurde aber kürzlich auf Earth 2 teleportiert und traf im letzten Heft auf den Mister Terrific von Earth 2, eben jenen Terry Sloan. Es gab auch mal Terry Sloane, der war auch Mister Terrific, ist aber mittlerweile (meistens) tot. Furchtbar verwirrend und nicht einmal sonderlich spannend. Daher geht bei für mich viel Atmosphäre verloren. Eigentlich strotzt Earth 2 #0 aber vor cooler Action, ist gut erzählt und sehr gut gezeichnet. Die Handlung spielt kurz vor den dramatischen Szenen in Earth 2 #1.

Frankenstein – Agent of S.H.A.D.E. #0 von Matt Kindt, Alberto Ponticelli & Wayne Faucher

Sehr cool! Frankenstein – Agent of S.H.A.D.E. ist eine klasse Reihe. Erst geschrieben vom hochgeschätzten Jeff Lemire, hat mittlerweile Matt Kindt übernommen, der übrigens gerade für Darkhorse Comics das phänomenale „Mind MGMT“ schreibt und zeichnet, das ich euch hiermit kräftig ans Herz lege. Bisher sind fünf Hefte erschienen, ihr könnt also locker noch einsteigen. Die Hefte bieten einige Extras, die im Trade Paperback nicht enthalten sein werden. Hm, vielleicht muss ich Mind MGMT mal separat vorstellen. Aber nun zurück zu Frankenstein. Heft 0 erklärt, wie Frankenstein zum Agenten S.H.A.D.E.s wurde und das auf unterhaltsame Weise. Frankenstein entdeckt seine Befähigung zum Guten. Außerdem leitet #0 über ins Rotworld-Event, bei dem Frankenstein ab #13 mitmischen wird. Frankenstein Agent of S.H.A.D.E. ist eine eher actionreiche Serie, ein fun read. Man muss nicht viel nachdenken und wird bombardiert mit abgefahrenen Ideen und einem coolen Protagonisten, der Probleme meist auf die gewalttätige Art löst. Da Gut-Böse aber meist klar verteilt sind und Frankenstein immer für das Gute kämpft, unterhält das prächtig. Lese ich Monat für Monat gern.

G.I. Combat #0 von Justin Gray, Jimmy Palmiotti, J.T. Krul, Staz Johnson & Ariel Olivetti

G.I. Combat versammelt  zwei voneinander unabhängige Geschichten. Im längeren ersten Teil geht es um den Unknown Soldier. Ich mag den etwas dreckigen Zeichenstil. Die Geschichte ist… naja, etwas dünn. Als Neuleser erfahre ich zwar etwas über den Unknown Soldier, aber auf eher trockene Weise. Der Charakter ist sich selbst fremd und bleibt das auch für den Leser. Die zweite Geschichte zeigt uns, wie ein Soldat auf einer Insel (?) voller prähistorischer Tiere um sein Überleben kämpft und dabei selbst zum wilden Tier wird. Interessanter Zeichenstil, der aussieht, als wären Fototexturen verwendet worden. Da stehe ich nicht so drauf, aber es sorgt für einen netten Look und passt zur Atmosphäre der Geschichte. Insgesamt aber ein unbefriedigendes Paket, das man aufgrund seiner Belanglosigkeit getrost ignorieren kann.

Green Lantern #0 von Johns, Mahnke, Alamy, Irwin & Champagne

Ein neuer Green Lantern? Gar nicht übel. Für einen Comic ziemlich viele Anspielungen auf die amerikanische Politik nach 9/11. Den Zeichenstil mag ich gar nicht, der erinnert mich an ältere Image-Sachen. Überhaupt nicht mein Fall. Die Geschichte ist aber echt gut und flott erzählt. Die neue(?) grüne Laterne wird gekonnt eingeführt. Ich mag Simon Baz, der als Moslem kurz nach 9/11  zu Unrecht eines Verbrechens beschuldigt wird, das er nicht begangen hat. Ich kann nur einfach nicht mit Green Lantern. Dieses Heft hier liefert meiner Abneigung kaum Argumente, denn es ist wirklich nicht schlecht. Auch für Neueinsteiger geeignet.

Grifter #0 von Liefeld, Tieri, Clark & Beaty

Ach Grifter. Ich habe die ersten Hefte dieser Serie, geschrieben von Nathan Edmondson, gelesen und war positiv überrascht, wie gut die Serie ist. Nathan Cole aka Grifter ist ein interessanter Charakter und Edmondson erspart ihm nix. Die Serie traut sich was! Und dann kam Rob Liefeld und ich entschied mich, doch nicht in die laufende Serie einzusteigen. Edmondson ist der, der einen guten Comic nach dem Anderen raus haut (aktuell beispielsweise den großartigen Scharfschützen-Thriller „Dancer“ bei Image Comics). Rob Liefeld ist der, der immer über seine Kollegen meckert. Grifter #0 ist nicht wirklich übel, aber ich will es nicht mögen. Lest lieber was Besseres!

I,Vampire #0 von Joshua Hale Fialkov und Andrea Sorrentino

Ich kaufte mir letztens für günstig Geld alle seit dem DC-Neustart erschienenen Hefte von I,Vampire und wurde vom ersten Heft an Fan von Andrew und vor allem Mary. Autor Fialkov traut sich was (um genau zu sein, traut er sich soviel, dass man sich ernstlich fragt, wie das noch irgendwie zum Rest des DC-Universums passt!) und I, Vampire ist mit Sicherheit eine der besten Serien, die DC momentan im Programm hat. Das verdankt sich auch den tollen Zeichnungen von Andrea Sorrentino. Mary und Andrew sehen einfach faszinierend aus. Sorrentinos Zeichnungen untestützen die Ambivalenz, mit der Fialkov seine Charaktere gestaltet. Immerhin sind Mary und Andrew sowohl ein Paar, als auch Erzfeinde. Genug Stoff für Konflikte. I,Vampire wäre wohl wirklich nur halb so gut, würde ein Anderer die Pinsel schwingen. Die Story, wie man zum Vampir wird, ist hinlänglich bekannt. Das weiß natürlich auch Autor Fialkov, weswegen  er auf die Charaktere setzt und es funktioniert. Andrew zu sehen, bevor er imba wurde ist spannend. Somit unterhält I,Vampire #0 auf gewohnt hohem Niveau, was zutiefst super ist!

Justice League Dark #0 von Jeff Lemire & Lee Garbett

Ein junger John Constantine steckt während seiner Zeit als Magielehrling in einer Dreiecksbeziehung mit Zatanna und Nick Necro. Es nimmt ein böses Ende. Jeff Lemire schafft es, eine Art Origin-Story von John Constantine mit der aktuellen Storyline um die „Books Of Magic“, unfassbar mächtige magische Artefakte, die Essenz der Magie, zu verbinden. Gute Unterhaltung, nett gezeichnet. Für Fans der Reihe. Zum Neueinstieg durchaus geeignet, aber wahrscheinlich nicht „catchy“ genug, um neue Leser über das Heft hinaus zu halten.

Swamp Thing #0 von Scott Snyder & Kano

Swamp Thing #0 erzählt uns mehr über Anton Arcane und Alec Holland, das Swamp Thing. Die beiden sind schon einmal aufeinander getroffen, mit tragischem Ausgang für einen der beiden. Die Zeichnungen von Kano sind famos, stellenweise sieht Swamp Thing #0 unheimlich gut aus und stellenweise ist es ekelerregend und verstörend, je nachdem, wie die abwechslungsreiche Geschichte von Scott Snyder es erfordert. Im Vergleich zur Hauptserie sind die Panels weniger experimentell angeordnet, was es leichter macht, der Handlung zu folgen. Swamp Thing #0 dürfte man auch als Neuleser gut genug verstehen, um in die Reihe einsteigen zu können.

Sword Of Sorcery – Amethyst #0 (plus Beowulf) von Christy Marx, Tony Bedard, Aaron Lopresti & Jesus Saiz

Sword Of Sorcery ist ein weiterer Neustart im Rahmen des Zero Months. Wie so oft handelt es sich bei Issue 0 um eine Herkunftsgeschichte. Wie wurde aus der Schülerin Amy Winston die Heldin Amethyst? Sehr cool, ich mag die Charaktere direkt. Endet mit einem fiesen Cliffhanger, der wohl direkt in die Nummer 1 mündet. Außerdem im Heft: Beowulf. Versetzt Wikinger in eine postapokalyptische Welt, wo sie auf den Riesen Beowulf treffen. Auch nicht übel, ich hätte aber lieber mehr über Amethyst gelesen. Das spricht aber eher für Amethyst als gegen Beowulf.

Talon #0 von Scott Snyder, James Tynion IV und Guillem March

Langweilig! Wirklich. Standard-Origin-Geschichte ohne das gewisse Etwas. Ein kleiner Junge namens Calvin Rose wird zum Entfesslungskünstler, wird ein Mitglied des Court Of Owls (eine Sekte aus Batman, soweit ich informiert bin), wird zum Talon, so eine Art Assassine der Owls, wird zum Abtrünnigen, wird verfolgt und von einem anderen Mörder mit dem Messer verletzt und im Kofferraum eines PKWs im Wasser versenkt. Die Rechtfertigung für letztere Aktion wirkt übrigens mehr als fadenscheinig. Die Zeichnungen von Guillem March kann man hübsch finden. Ich hab bei March allerdings für alle Zeit seinen furchtbaren Catwoman-Ball für das Cover von Catwoman #0 vor Augen, den DC mittlerweile sogar durch ein anderes Cover ersetzt hat, so furchtbar war er. Das wird March nicht wieder los. Nichts hier, was ich sonderlich mag. Der Comic ist routiniert, aber ohne Highlights erzählt. Uninspiriert wirkende Standardkost. Da Talon #0 das erste Heft eines Neustarts ist, bin ich ziemlich enttäuscht.

Team 7 #0 von Justin Jordan & Jesus Merino

Wie der Titel schon verrät, ist Team 7 ein Teamcomic. Die Reihe startet mit Issue 0. Ich weiß, dass viele der vorkommenden Charaktere bekannt sind, im Comic erkannt habe ich aber nur Cole Cash aka. Grifter, weil ich von dieser Reihe ein paar Hefte gelesen habe (alles von  Nathan Edmonson, um genau zu sein). Ich glaube, wenn man die Charaktere erkennt, könnte das Heft Spaß machen. So ist es eine etwas überwältigende Aneinanderreihung kurzer Charaktervorstellungen. Wie auf wenigen Seiten jeweils ein Protagonist eingeführt wird, ist gelungen. Mir ist das Ganze bisher zu militärisch, es fehlt ein bisschen die Lust, diesen harten, brutalen Charakteren zu folgen. Die Zeichnungen sind auch eher zweckmäßig.

The Phantom Stranger #0 von Dan Didio, Brent Anderson & Scott Hanna

Ein Neustart im Rahmen des Zero Months. Der Charakter Phantom Stranger war mir vorher unbekannt, aber Issue 0 hat mich davon überzeugt, dass er sehr interessant ist. Ein Mann wird für seine Sünden damit gestraft, für immer auf Erden zu wandeln. Oder zumindest solange, bis er genug Gutes getan hat. Das Problem: Er wird am Ende unausweichlich alle betrügen, denen er zu helfen versucht. Hat einen schönen Retrotouch und sieht mit seiner kräftigen Kolorierung wirklich hübsch aus. Ich glaube, in diese Serie steige ich ein.

Wonder Woman #0 von Brian Azzarello & Cliff Chiang

In Wonder Woman #0 treffen wir auf eine jüngere, wildere Wonder Woman. Wo die Hauptserie doch sehr ernst daher kommt, unterhält hier das Spielerische, Leichtere, zumindest zu Beginn. Chiangs Zeichnungen sind wie immer toll.  Chiang und Azzarello tun so, als sei Wonder Woman #0 ein Neudruck von „All-Girl Adventure Tales For Men“ #41, inklusive heute eher veralteter Stilmittel wie Gedankenblasen. Gefiel mir gut, aber ich denke, man sollte den Charakter Wonder Woman kennen und mögen, um Wonder Woman #0 voll schätzen zu können.

Worlds‘ Finest – Huntress & Power Girl #0 von Paul Levitz & Kevin Maguire

Alles beim Alten, wirklich. Ob als Huntress und Power Girl oder Robin und Supergirl: Kara und Helena sind einfach toll. Levitz und Maguire schaffen hier einen superunterhaltsamen Action-Comic, den man gelesen haben sollte. Ich freu mich jeden Monat auf meine paar Minuten mit den beiden Freundinnen!

Action Comics #0

All Star Western #0

Batman #0

Birds of Prey #0

Catwoman #0

DC Universe presents #0

Deathstroke #0

Detective Comics #0

Green Arrow #0

Green Lantern Corps #0

Green Lantern: New Guardians # 

Justice League #0

Justice League International #0

Legion of Super-Heroes #0

Nightwing #0

Red Hood & The Outlaws #0 von

Red Lanterns #0 von Peter Milligan

Resurrection Man #0 von

Stormwatch #0

Suicide Squad #0

Superboy #0

Supergirl #0

Superman #0

Teen Titans #0 

The Flash #0

The Fury Of Firestorm: The Nuclear Men #0

The Ravagers #0

The Savage Hawkman #0

Voodoo #0

Before Watchmen Comedian #2 – Ein Cover sagt mehr als tausend Worte

Weiter geht es. In der ersten Woche von „Before Watchmen“ bereitete mir „Minutemen“ #1 eine dicke Enttäuschung und bestätigte meine schlimmsten Befürchtungen. Dann kam „Silk Spectre“, das ich mögen wollte und durchaus auch mögen konnte. Eine Woche drauf habe ich „Before Watchmen – Comedian“ #1 recht gern gelesen, es hatte seine Momente. „Minutemen“ #2 war nicht herausragend, aber es gefiel mir besser als „Minutemen“ #1, „Silk Spectre“ #2 veränderte den Tonfall in Vergleich zum ersten Teil etwas, wurde humoriger. Das tat aber ebenfalls eher gut. Wird „Before Watchmen – Comedian“ #2 diesen positiven Trend fortsetzen können?

Before Watchmen - Comedian #2 Cover

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Obwohl ich die Figur Edward Blake eigentlich sehr spannend finde, ist vom zweiten Heft fast nichts hängen geblieben. Irgendwas mit Boxen und Krieg (in Vietnam?), ich kann mich einfach an keinen herausragenden Moment aus „Before Watchmen – Comedian“ #2 erinnern. Die Szenen, die mir aus dem Krieg im Gedächtnis blieben, stammen aus dem Original „Watchmen“. Ging das nur mir so?

Das war nichts; eine klare Enttäuschung. Schon das Cover könnte langweiliger kaum sein. Wo zur Hölle soll das Blut herkommen? Beim Lesen hatte ich das Gefühl, die belanglose Geschichte würde routiniert erzählt, was eben auch bedeutet, ich war nicht in der Geschichte, nicht gefangen von der Handlung. Ich sah nur zu, relativ unbeteiligt.

Dafür, dass der Comedian einer der tollsten Charaktere in „Watchmen“ ist, mit vielen Geheimnissen, ein äußerst enttäuschendes Heft. Zugegebenermaßen sind die Zeichnungen noch immer nett, aber hier wurde viel Potential verschenkt. Statt sich von Heft 1 zu Heft 2 verbessern, hat „Before Watchmen – Comedian „#2 das Niveau nicht halten können. Über die zwei Seiten Piratenstory am Ende des Heftes nur soviel: Langsam wird eine Handlung absehbar. Interessant ist die Geschichte noch immer nicht.

Vertigo #1: Dominique Laveau – Voodoo Child

Weiter geht’s mit den neuen Comics im Vertigo-Stall. Da ich gerate krank bin, habe ich wenigstens Gelegenheit, meinen Vorsatz, die neuen Vertigotitel zu besprechen, endlich mal in die Tat umzusetzen.

Dominique Laveau Voodoo Child #1

Durch die Nachricht, dass mein geliebtes „Sweet Tooth“ mit Heft Nummer 40 endet, brauche ich sowieso Nachschub. „Sweet Tooth“ wird, darauf legt Lemire Wert, nicht eingestellt. Naja, aus Lemires Sicht kann ich die Entscheidung verstehen. Ich habe nie gedacht, dass „Sweet Tooth“ sich gut genug verkaufen würde, um so weit zu kommen und Lemires andere Projekte sind wohl besser geeignet, etwas Geld zu verdienen. Außerdem mag die Geschichte aus Lemires Sicht auch auserzählt sein. Kein Grund zum Grollen, immerhin bietet Vertigo ein paar neue Serien, von denen ich „Saucer Country“ und „The Deadwardians“ bereits besprach.

Dieses Mal ist „Dominique Laveau Voodoo Child“ von Selwyn Seyfu Hinds und John Floyd an der Reihe. Hier fällt einem zuerst das nicht sehr gelungene Cover ins Auge. Dabei ist es vom Stil her eigentlich sehr hübsch. Aber erstens ähnelt die Person auf dem Cover nicht Dominique, der namensgebenden Hauptperson, was aber ziemlich deutlich die Absicht war und zweitens räkelt sich eine Schlange so über ihre Schulter, das der Betrachter zuerst meint, Dominique hätte einen Buckel. Schlägt man den Comic dann auf, wird man direkt von einer Splashpage begrüßt, die sich stilistisch sehr vom Cover unterscheidet und deutlich geiler daher kommt. Nix Besonderes, aber ein guter Beginn. Man bemerkt aber auch sofort, dass Hinds Storytelling eher textlastig ist, was sich im Lauf des Hefts durchaus als Nachteil heraus stellt. Es gibt viel zu lesen, leider ist nicht alles davon interessant. Hinds will unbedingt New Orleans-Flair aufbauen, aber was er über die Stadt zu sagen hat, liest sich wie Blablabla, es klingt nicht, als würde jemand reden, der die Stadt wirklich kennt. Die Geschichte wirkt oft konstruiert. Viele Dinge passieren gleichzeitig, entgegen jeder Wahrscheinlichkeit, nur damit Dominique von einer Situation in die nächste gerät. Die Charaktere, auch Dominique, bleiben bisher ziemlich blass.

Kurz zur Story: Dominique entdeckt, in einer ziemlich stressigen Situation in den Straßen und auf den Friedhöfen von New Orleans, dass sie irgendwie Voodookräfte besitzt. Sie wird von obskuren Gesellschaften, die sich mitten in einem Kampf um die Macht in, ähem, schwarzmagischen Dingen befinden, gejagt und sieht sich zunehmend mit der Frage konfrontiert: Ist sie die Nachfolgerin von Marie Laveau, der größten Voodoopriesterin, die New Orleans je gesehen hat?

Der Zeichenstil von John Floyd setzt viel auf Linien und Striche. Vor allem die Gesichter wirken enorm kantig, mitunter sogar unfertig, wie erst einmal ins Grobe gezeichnet. Geht aber insgesamt klar, wie „Voodoo Child“ im Allgemeinen klar geht. Hinds hat noch Tempoprobleme, mal bremst sein Gerede die Handlung zu sehr aus, mal wird es etwas unübersichtlich. Die Geschichte ist Mittelmaß, könnte aber spannend werden. Schwer zu sagen, wohin „Dominique Laveau Voodoo Child“ sich entwickelt. Es spricht vieles dafür, dass es in der Bedeutungslosigkeit verschwinden wird, aber wer weiß. Ich denke, ich werde mir das zweite Heft auf jeden Fall noch zu Gemüte führen. Wenn das allerdings nicht deutlich besser ist als Heft 1, kann die Reihe von mir aus schnell sterben. Als Ersatz für „Sweet Tooth“ wird „Voodoo Child“ niemals taugen, genauso wenig wie „The Deadwardians“, da lege ich mich bereits jetzt fest. Das Potential, wirklich gut zu werden, sehe ich bisher nur bei „Saucer Country“ von Paul Cornell und Ryan Kelly, aber es bleibt ja noch „Fairest“ zu lesen.

Amer – Im Rausch der Bilder

Amer Cover Deutsch
Ich habe gestern einen seltsamen Film gesehen. „Amer“ war der Titel. Da ich nicht völlig unvorbereitet an den Film herangegangen bin, wusste ich immerhin, dass er aus Belgien/Frankreich stammt und eine Liebeserklärung der Regisseure, Hélène Cattet und Bruno Forzani, an die alten italienischen Gialli darstellen sollte.

Eine kurze Einleitung: Gialli sind ein eigenes Subgenre des Thrillers, welches sich in den 60ern in Italien entwickelte. In einem Giallo geht es meist um einen Mordfall, wobei die einzelnen Morde und die Atmosphäre in den Mittelpunkt gerückt und durch stilistische Einfälle überhöht und sexuell aufgeladen werden. Es besteht eine Nähe zum Groschenroman (Krimi), der in Italien einen gelben Einband hat und daher den Gialli ihren Namen gab: Giallo heißt Gelb.

Seine Blütezeit erlebte der Giallo in den 70ern. Interessant sind Gialli, über ihren eigenen Reiz für Filmfans hinaus, weil sie als Vorläufer des amerikanischen Slasherfilms gelten, welcher wiederum einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf Horrorfilme bis in die heutige Zeit hinaus hat.

Es fällt schwer, bei „Amer“ von einer eigentlichen „Handlung“ zu sprechen, aber der Film ist ziemlich klar in drei Teile gegliedert, die sich jeweils einer Station im Leben einer Frau widmen. Im ersten Teil erlebt sie als Kind eine alptraumhafte Nacht im Haus der Eltern, kurz nach dem Tod des Großvaters. Im zweiten Teil beschäftigt sich „Amer“ eher assoziativ mit ihrer erwachenden Sexualität. Im dritten und letzten Teil kehrt sie ins Haus ihrer Eltern zurück, vielleicht, um sich ihrem dort erlittenen Trauma zu stellen.

„Amer“ beeindruckt nicht durch Handlung oder Erzählstruktur, sondern durch Ästhetik. Wer jemals einen Giallo gesehen hat, wird von Beginn an viele verwendete Stilmittel wieder erkennen. „Amer“ bietet hier das volle Programm: Scharfe Zooms, seltsame Perspektiven, Farbfilter, Weichzeichner, Wackelkamera. „Amer“ bietet Fans des Giallo alles, was das Herz sich wünscht und das direkt von Beginn an. Die Kamera ist oft ultranah am Geschehen und den Charakteren, ganze Dialoge lang sieht man nur die Augen der Protagonisten. Gesprochen wird aber sowieso kaum. Fast alles wird über Bilder und Stilmittel vermittelt.

Dem einen oder anderen mag das zuviel sein, zumal es, wie schon angemerkt, keine stringente Handlung gibt, die all diese Effekte zusammen hält. Über die Hauptfigur wird ein dünner roter Faden geliefert, aber dem zu folgen, bleibt dem Zuschauer überlassen. Wer sich drauf einlässt, erlebt zwei großartige Stunden voll visueller Schönheit und Verstörung. Sehr retro und sehr arthousig.

Die deutsche DVD ist gut ausgestattet. Bei der Synchronisation kann man bei einem Film wie „Amer“, in dem wenig gesprochen wird, nicht viel falsch machen. Ich habe den Film sowohl Original mit Untertiteln als auch in der deutschen Übersetzung gesehen und ein Unterschied ist kaum spürbar. Zusätzlich zum Film hat man noch ein paar Kurzfilme von Cattet und Forzani auf die DVD gebrannt. Diese sind teils noch viel seltsamer als „Amer“, aber durchaus sehenswert. Außerdem liegt ein ausführliches Booklet bei. Trotz des recht großen Umfangs hält sich der Erkenntnisgewinn allerdings in Grenzen. Labels wie „Kino Kontrovers“ oder „Bildstörung“ bieten hier doch deutlich bessere Essays zum Film. Sei es drum, besser als die meisten DVDs schneidet „Amer“ bei der Ausstattung allemal ab.

Das Gute an „Amer“: Man weiß ziemlich schnell, ob man für den Film gemacht ist oder nicht. Wer nach zwanzig Minuten noch nicht entnervt abgebrochen hat, dürfte auch bis zum Ende gefesselt werden. Wer Wert auf Handlung legt oder wem die Ästhetik und die Fülle an ausgefallenen Ideen visueller Natur nicht zusagt, dürfte bereits die ersten Minuten als sehr anstrengend empfinden.