Bloggen ist tot. Einmal mehr. 2015 aber wirklich.
Spaß beiseite: What Blogging Has Become ist ein guter Text und ein Diskussionsstarter. Bloggen ist irgendwie unzeitgemäß. Die Struktur von Blogs haben Social Networks perfektioniert. Medium ist großartig. Yadda yadda.
Für mich waren Blogs irgendwie schon immer tot, bzw. sie fühlten sich so an. Die meiste Zeit hatte ich eins und das lag brach – wie die von sovielen anderen auch. Niemand von uns hätte sich ernsthaft „Blogger“ geschimpft. Höchstens die, die bei irgendwelchen Messen in der „Blogger-Lounge“ rumhingen und über Smartphone-Benchmarks schrieben. Menschen mit System und Ads auf ihren Seiten. Geschäftsmodellen gar! Solche Menschen kenne ich offiziell gar nicht.
Ich hab mal kurz drüber nachgedacht, selber zu hosten, irgendwie mehr Kontrolle zu haben, aber ziemlich schnell wurde irgendein Plug-In von meinem Hoster als malicious eingestuft und mein Blog sicherheitshalber vom Netz genommen und irgendwie war das überhaupt nicht lustig, also bin ich bei WordPress geblieben. So wichtig ist de Kram ja auch nicht. Sind nur Texte. Tweets gehören mir ja auch nicht. Sie zu schreiben, reicht doch.
Dann hab ich auf der re:publica, wo ich mich eigentlich jedes Jahr ohne Bändchen rumtreibe und versuche, ein wenig zu sozialisieren, irgendwie René, also Nerdcore, getroffen und mit ihm über’s Bloggen geredet und wir kamen drauf, dass irgendwie fast alle ihre Blogs gar nicht nutzen und wie blöd das eigentlich wäre und das hat mich zum Nachdenken gebracht. Wir sind auch schön versackt, aber das gehört nicht hierher. Kotzendes Einhorn, der sich bei seinem Blog echt was denkt und damit glaube ich eigentlich am liebsten die Welt retten würde, war auch noch wichtig. Kleine Subversionen, die letztlich die Scheißigkeit der Welt zerstören und so. Fand ich sehr schlüssig.
Woran lag es also, dass ich so selten bloggte? Immerhin habe ich auch damals einen ziemlichen Output an Links und Texten, über zahlreiche Netzwerken verteilt, veröffentlicht. Es mangelte mir nicht an Mitteilungsbedürfnis. Dass ich es mag und dass es ok ist, Sachen ins Netz zu schreiben, habe ich nie hinterfragt. Was mich vom Bloggen abhielt, war meine eigene Herangehensweise. Ich brauchte lange für einen Post und ich fand selten was Relevantes und dann las es meistens auch keiner. Das ging so nicht.
Es lag auch an den Themen. Den meisten Kram, den ich heute so über den Tag lese, halte ich noch immer für absolut irrelevant für hier. Meine Relevanzkriterien sind härter als die von Wikipedia. Damals war das noch viel schlimmer. Aber mit der Zeit fand ich mehr und mehr tolle Blogs, die mich vielleicht nicht täglich, aber doch recht häufig, mit Kram versorgen, den ich euch unbedingt zeigen will.
Ich habe umgedingst. Ich brauche immer noch recht lang für Texte. Aber ich erlaube mir kürzere Posts und mehr Links. Ich finde es ok, quasi auf Input von außen angewiesen zu sein. Mein Feedreader ist mein bester Freund. Anfangs fand ich das schwierig. Ich war unsicher, ob es für kurze Linktipps denn eines Blogs bedurfte. Heute kenne ich die Antwort (Nein!) und ich kann problemlos damit leben.
Mit einer gewissen Regelmäßigkeit, kam Routine. Heute fällt es mir viel leichter, einen Post zu schreiben als noch vor zwei oder drei Jahren. Und das, obwohl ich immer geschrieben habe, nicht nur privat. Aber grad das private Schreiben musste ich erst lernen. Eine Art Stimme finden. Ich habe übers Bloggen übrigens noch keinen einzigen Menschen kennengelernt. Aber ich habe viele Menschen mit ähnlichen Interessen (Kunst. Comics. Feminismus.) kennengelernt, die ebenfalls bloggen. Das ist toll.
Natürlich braucht niemand Blogs. Ich schreib den Kram hier nicht für Publikum. Ich glaube nicht an das neoliberale Märchen, dass Menschen nur schaffen, wenn sie damit Geld verdienen können, hab ich noch nie. Ich schreib für Geld. Aber nicht hier.
Ich freu mich über jeden Leser und noch mehr, wenn ich Feedback bekomme, weil Feedback eigentlich immer positiv ist. Aber die meisten Texte, die ich hier so schreibe, sind mir wichtiger als euch und selbst ich kann mich an manches hier im Blog nicht mehr erinnern und bin überrascht, dass ich darüber mal was geschrieben habe.
Mein erster Post hier hat einen Text von Sebastian Heiser über die Piraten gedisst und der hat sogar geantwortet. Koinzidenz und so. Ich kann das hier einfach schreiben. 834 Worte nur über meine Herangehensweise ans Bloggen und Anekdoten, die ich bemerkenswert finde. Ein paar Menschen werden es schon lesen. Das ist toll. Das haben Blogs und Bloggerinnen erreicht.
Aber ehrlich: Wäre es schlimm, wenn WordPress irgendwann nicht mehr wäre und damit auch nicht dieser Text und ein paar mehr oder weniger interessante Links? Wohl kaum.
Ich würde mein Blog lesen, klar. Ich schreibe über das, was mich interessiert. Das braucht kein Mensch und das ist ganz klar unzeitgemäß. Aber wie es der Text zu Anfang dieses Posts schön formuliert:
You can’t win, Darth. If you strike me down, I shall become more powerful than you could possibly imagine.
Vielleicht ist es so, dass Blogs ihre Seele verlieren, wenn sie sich lohnen. Dann wäre es auch gut, würde diese Art des Bloggens diesmal wirklich und endlich und entgültig sterben. Vielleicht lohnen sich sogar ein paar gesellschaftlich wichtige Blogs. Wahrscheinlich seht ihr manches anders als ich. Discuss!