Sorry, ich muss grad mal… weinen, vor Freude. System Shock 3 kommt wohl. Um System Shock zu kennen, muss man mittlerweile schon ein eher reifes Alter erreicht haben.
System Shock (1994) von Warren Spector und Doug Church habe ich damals ausgiebig gespielt, auch noch Jahre später. Letztlich ist System Shock eine Art inoffizieller Vorgänger zu Deus Ex.
System Shock 2 (1999) habe ich weniger ausgiebig gespielt, aber auch jahrelang immer wieder. SS 2 ist noch immer eines der gruseligsten Games überhaupt. Ernsthaft. Shodan, die böse KI, werd ich wohl nie vergessen. Lange vor Portal waren Shodans Kommentare schon Kult:
Das Entwicklerstudio OtherSide, dass sich auf Reboots bekannter Klassiker spezialisiert, hat nun einen Countdown live gestellt. Noch 5 Tage bis… ja, was eigentlich? Bisher ist außer dem Countdown nur der Buchstabe „S“ zu sehen. Genaues weiß man also nicht, aber Fans haben sich den Quellcode der Seite angeschaut und nicht nur dort immer wieder Anspielungen auf System Shock 3 gefunden.
About that System Shock 3 tease… ordnet das Ganze etwas besser ein und geht davon aus, dass nach Ablauf des Countdowns eine Crowdfunding-Kampagne für System Shock 3 folgen wird, da das Studio ansonsten wohl kaum die finanziellen Mittel hat, um einen solch großen Titel zu stemmen.
„The sky was the color of a television tuned to a dead channel.“
William Gibsons ikonischer erster Satz in seinem Roman Neuromancer gilt vielen Menschen, mir auch, als bester erster Satz der Welt.
Für mich und viele andere, fängt dieses Bild perfekt die Stimmung der folgenden Geschichten ein. Das ist Cyberpunk, wie man ihn besser wohl nicht schreiben kann. Eine nahe Zukunft, unsere Gesellschaft logisch weiter gedacht und in einem einzigen Satz kondensiert.
Es gibt aber auch Menschen, die den Satz nicht gelungen, die Metapher schief finden:
„A television tuned to a dead channel shows static, snow — a random and shifting collection of little black and white rectangles accompanied by audio white noise.
Das mag wohl stimmen, genau um diese Qualität geht es Gibson, glaube ich. Cyberpunk ist over the top. Wie das Bild. Unser Himmel sieht nicht so aus. Unsere Städte sehen nicht aus wie die in Neuromancer. Aber wir können extrapolieren. Entsprechend lesen sich auch die Kommentare, die man ausnahmsweise mal größtenteils empfehlen kann. Das Internet ist sich ziemlich einig.
Himmel und Stadt werden so aussehen, wenn die Entwicklung, die Gibson vorherdenkt, weit genug voran schreitet. Genau deshalb leben wir heute in Cyberpunk-Zeiten, die Dinge haben sich jahrzehntelang in diese Richtung entwickelt. Ich hätte nie gedacht, dass Cyber- mal eine Renaissance hätte.
Gibsons erster Satz ist noch aus einem anderen Grund bemerkenswert: Er ist zeitlos und das mag paradox erscheinen: Durch „television“ ist er stark an eine bestimmte Zeit gebunden. Zugleich ist er genau das nicht, indem Gibson zielsicher eine zeitgenössische Technologie gewählt hat, die wahrscheinlich zu den innovationsresistentesten überhaupt gehört: Bildschirme.
Schwer vorstellbar, dass wir Bildschirme oder zumindest Interfaces, television also, irgendwann als archaisch ansehen werden. Durch die vorgeblich schiefe Metapher enthebt Gibson sein Bild und damit das ganze Szenario außerdem geschickt jeden Anspruchs auf sogenannten „Realismus“. Der Maßstab ist vielmehr Authentizität!
Gibson beschreibt die Zukunft, in einer speziellen Sprache, die sich nicht vor Obskurität fürchtet, wenn dadurch ein passendes Bild in der Fantasie entstehen kann. Der erste Satz ist stilistisch meisterhaft. Der Leser reibt sich an der Sprache, den Leerstellen, die sich nur schwer durch Bekanntes füllen lassen. Man erschließt sich den Satz eher gefühlsmäßig, als dass man ihn wirklich verstanden hätte. So sind die Neuromancer-Bücher. Die Zukunft ist sehr wie die Gegenwart, nur noch schlimmer.
Deshalb wird Gibsons erster Satz Bestand haben. In seiner scheinbaren Einfachheit und Gegenwärtigkeit und gerade wegen der auf den ersten Blick vielleicht fehlerhaften Metapher ist er stets Gegenwart und Zukunft zugleich. Entsprechend steht man etwas ratlos davor.
Auf das Thema bin ich durch einen Artikel von Alexis Radcliff gekommen. Sie hat Wired for Story besprochen, ein Buch mit Schreibtipps von Lisa Cron, wahrscheinlich ganz gut. Die 7 wissenschaftlichen Tipps, die Radcliff daraus vorstellt, sind jedenfalls gar nicht verkehrt. William Gibson macht allerdings, es überrascht eigentlich kaum, fast alles verkehrt.
Gleich beim ersten Tipp dachte ich stark: Aber GIBSON! NEUROMANCER!
Try to answer these questions in the very first sentence or paragraph to kick things off correctly:
Whose story is it?
What’s happening here?
What’s at stake?
Nope, nope, nope. Nix davon trifft auf den ersten Satz von Neuromancer zu. Für jemanden wie mich, der erste Sätze ernst nimmt und für den erste Sätze fast eine eigene Kunstform darstellen, für deren Würdigung es Geschichten oder Romane bedarf, klingt das aber auch nach einem furchtbar langweiligen Tipp, durch den man funktionierende erste Sätze produziert, aber niemals das komplette Potenzial eines ersten Satzes erschließen wird.
Aber der Tipp ist schon gut. Große Sprachkünstler werden wohl kaum aufgrund eines Ratgebers ihrer Expressivität beraubt. Wer die Tipps verstanden hat, kann sie aus einer informierten Perspektive missachten, wenn es geraten ist.
Jetzt seid ihr dran: Ich kann nicht alles gelesen haben. Was ist eurer Meinung nach der beste erste Satz der Welt? Ich würde gern mehr über erste Sätze lesen und diskutieren. Hallo Internet, stimmen wir ab! Gibson hat Vorsprung!
Endlich wieder Links der Woche. Es gab viel zu tun und wenig Zeit zum Lesen und Bloggen. Aber jetzt! Los geht’s mit Menschen, die sich für tot halten.
Menschen, die unter dem seltenen Cotard-Syndrom leiden, glauben von sich, sie wären eigentlich tot. Daher hat man dem Syndrom auch den Namen Walking Corpse Syndrome gegeben. Seit Entdeckung der Krankheit 1880 wurden knapp 100 Fälle von Cotard-Syndrom dokumentiert. Für Living with the Dead ist Erika Hayasaki nach Mexiko gereist und hat mit Patienten, Angehörigen und Ärzten gesprochen. Spannendes Thema, das auch mal wieder zeigt, wie fragil das Gleichgewicht eigentlich ist, das Menschen mehr oder weniger „normal“ funktionieren lässt und wie schwerwiegend Veränderungen in diesem System sich auswirken können.
Apropos menschliche Psyche: Sagt euch ASMR was? ASMR steht für autonomous sensory meridian response, ein wissenschaftlich nicht bewiesenes Phänomen, das sich wie ein angenehmes Kribbeln im Hirn anfühlen soll. Man kommt zur Ruhe. Um diesen Zustand zu erzeugen werden Videos produziert, die Millionen mal geklickt werden. Eine der bekanntesten ASMRtists ist Ally Maque und deren neueste Videos überschreiten die Grenze in Science Fiction-Territorium. Sehenswert! Lest unbedingt auch den Artikel The brain-tingling world of ASMR collides with science fiction für die Hintergrundinfos.
Warum Katniss Everdeen, die Protagonistin von Suzan Collins Hunger Games Trilogie, eine der Ikonen moderner Popkultur ist wichtiges Vorbild für viele jugendliche Frauen, so ein guter und wichtiger Charakter ist und mit welchen „Tricks“ Collins diese faszinierende Heldin geschaffen hat, könnt ihr in dem Artikel The Antianorexic Heroine erfahren. „Katniss’s destiny is to be enormous.“
Interessante Gedanken zu (unbezahlter) Arbeit, Verantwortung, Mega-Maschinen & Mega-Algorithmen, Kollaboration im Digitalen und der Kommerzialisierung jedes Lebensbereiches macht sich Jathan Sadowski in dem Essay From Mega-Machines to Mega-Algorithms. Mir persönlich zu technologiekritisch und was Kapitalismus mit dem Ganzen zu tun haben könnte, wird ausgeblendet. Trotzdem lesenswert.
In the basement with transhumanism’s DIY cyberpunks muss ich euch natürlich empfehlen. Ein toller Text über Transhumanismus und speziell über DIY Biohacker und Grinder, in dem es auch um Grindhouse Wetware und Tim Cannon geht. Tim war ja noch in der Gründungsphase des Cyborgs e.V. bei uns zu Besuch, was der Artikel auch erwähnt. Warum Tim allerdings von der c-base als „Schloss“ spricht – keine Ahnung.
Geschlecht wird konstruiert und Unisex ist tot. Wie kommt das? Styles for Him—and Her geht der Frage nach, warum die heutige Mode viel geschlechtsspezifischer gestaltet ist als noch in den 1950ern mit ihren rigiden Rollenbildern.
Das sehr persönliche Essay über weiblichen Schmerz, Verwundungen und Leiden von Leslie Jamison spricht sicher nicht jeden Leser an, aber wenn es einen anspricht, ist Grand Unified Theory of Female Pain ein sehr wertvoller Text, längst nicht nur für Frauen.
Surprise! Bitcoins haben ein Frauenproblem. Man schätzt, dass 96% der Bitcoin-Community männlich sind. Vom Erfolg der Währung würden also wie so oft fast ausschließlich Männer profitieren. Die dann Frauen im NSFW subreddit r/GirlsGoneBitcoin mit Bitcoins fürs Posieren bezahlen. Neue Währung, gleiche Verteilung.
What’s life like for a man who tastes words? gibt euch eine Vorstellung davon, wie lebt es sich mit Synästhesien lebt. Wie es ist, wenn Konsonanten einen Geschmack haben und Namen nach Joghurt und das Wort Joghurt nach Haarspray schmecken.
Ich finde es immer noch schwer, zu glauben, dass ein Online-Marktplatz für Drogen wie Silk Road überhaupt jemals funktionieren konnte, aber es gab ihn bekanntermaßen, sogar recht lange. Bei Wired gibt es einen tollen Long-Read über die unglaubliche und unerzählte Geschichte hinter Silk Road. Am 14. Mai erscheint ein zweiter Teil, die Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt.
Die Grenze zwischen Virtualität und Realität verschwimmt zusehends. Unser Gehirn hält beides für real, wenn die Parameter stimmen. This Is Your Avatar Speaking stellt spannende Fragen zum Selbstbild in Zeiten von Avataren.
Die Story, die GamerGate letzte Woche am meisten geärgert hat, war Game of Fear. Aus gutem Grund: Zeigt sie doch deutlich, dass #GamerGate von Beginn an ein Mob war, der in erster Linie Frauen belästigt und bedroht hat.
Aufstieg und Fall des Steven Seagal in Russland beleuchtet Putin’s Action Hero: How Steven Seagal Became the Kremlin’s Unlikeliest Envoy. Wie konnte es dazu kommen, dass ausgerechnet der nahezu völlig aus dem Blick der Öffentlichkeit verschwundene Actionfilm-Schauspieler Steven Seagal zum zeitweilig wahrscheinlich mächtigsten Nicht-Russen im Land aufsteigen konnte? Ziemlich wilde Geschichte.
Sexbots sind auch so ein faszinierendes Thema. Is This the Dawn of the Sexbots? (NSFW) gewährt einen Blick hinter die Kulissen des „Rolls Royce unter den Sex Doll-Fabrikanten“ und beschäftigt sich mit den Gründen, die zur Entstehung von Sexbots führten, was das über uns und unsere Sexualität aussagt, warum das Thema viele Menschen so fasziniert (Stichwort Blade Runner, Real Humans, Her, Ex Machina) und was es für die Zukunft bedeuten könnte.
The Onion hat als Satire auf Zeitungen mit denselben Prolemen wie diese zu kämpfen. Printsterben, Monetarisierung ihres Contents online, etc. Letztlich zwingt das The Onion sich genauso wie die persiflierten Zeitungen zu handeln. Oh the irony! The Onion is not a Joke.
Zum Schluss noch ein Long Read, den ich euch sehr ans Herz lege, jetzt wo ihr bis hierhin gekommen seid: GHOSTS OF IGUALA Mexico: How 43 students disappeared in the night. Großartiger Journalismus. Es geht um Verschwörungen, Normalistas, falsche Anschuldigungen und absichtliche Lügen, Social Justice, Bandenkriege, Ermordungen, Erpressungen und Entführungen, Drogen, korrupte Politiker und das organisierte Verbrechen, zivilen Ungehorsam und Protest. Selbst die Armee mischt mit.
Zwei unglaubliche Zahlen aus dem Artikel: Aktuell gelten laut offiziellen Angaben über 22.000 Bürger Mexikos als vermisst und es wird angenommen, dass seit 2006 70.000 Menschen beim Durchqueren des Landes spurlos verschwunden sind.
Das ist jetzt echt lang geworden, aber ihr könnt euch die Links ja einteilen. Wer weiß, wann ich das nächste Mal zum Bloggen komme. ;)
Der beste Text, den ich diese Woche las, beschäftigt sich mit dem schönen Thema Autassassinophilie, also der Lust an der (Inszenierung der) eigenen Tötung. Have you ever thought about killing someone? ist lang, beunruhigend und ein Must-Read.
Keine Ahnung, wieso die Tipps von The Nib nur „für Ihn“ sein sollten. Eigentlich kann man sie universell anwenden. Sei’s drum: How To Drive Him Crazy In Bed.
Bereits vor 250 Jahren hat ein gewisser John Harrison eine Pendeluhr entworfen, die über 100 Tage bis auf eine Sekunde genau gehen sollte. Man hat ihn dafür für verrückt erklärt. Jetzt steht fest: Harrisons Design funktioniert.
Nichts Neues, aber neuerdings werden lesenswerte Artikel darüber geschrieben: In den meisten Online-Rollenspielen gibt es systembedingt früher oder später verwaiste Gebiete, die nahezu „menschenleer“ sind. Forgotten Wonders of the digital world hat sich World of Warcraft vorgenommen. Ich find das Thema spannend, ein weiteres Themenfeld für sowas wie digitale Archäologie, der ich eine bedeutende Zukunft vorhersage.
The Birth Tab ist ein stranger, kleiner kurzer Animationsfilm von Ben Wheele, der überhaupt eine Menge strange, kleineKurzfilme macht. aber wenn ihr Retro-Cyberpunk genauso interessant findet wie ich, durchaus einen Blick wert. „A woman travels through virtual space, hoping to find ‚The Birth Tab‘ – a mythical object that enables a person to witness their own birth, via live webcam feed.“
Clickbait ist die Pest, aber von Shauna Lynn Panczyszyn für ihr ClickBait Project gemalt zu werden lässt die übertriebenen Überschriften fast ein bisschen reizvoll erscheinen.
Der Wolkenkratzer soll bis zu 20 Kilometer hoch sein und damit in die Stratosphäre reichen, „Wolkenkratzer“ ist also eine Untertreibung. Das Gebäude wäre demnach 24 mal so hoch wie der Burj Khalifa, im Moment das höchste von Menschen errichtete Bauwerk der Welt. Von seiner Spitze können Raketen abgeschossen werden (ich hoffe mal, zu friedlichen Zwecken wie der Exploration des Weltraums und so).
Zugegeben, der passend benannte Tall Tower ist nicht allein Neal Stephensons Gehirn entsprungen (auch wenn sich in seinen Romanen wie Snow Crash oder Diamond Age bereits Ansätze und Vorstellungen bombastischer Architektur und cleverer Gadgets finden lassen). In Wirklichkeit wurde die Idee vom Center for Science and the Imagination (CSI) erarbeitet (hier speziell von dem Ingenieur Keith Hjelmstad). CSI ist eine Art Science-Fiction-Thinktank in dem sich Wissenschaftler und Autoren treffen.
Keine Ahnung, wie praxistauglich und ernst gemeint deren Ideen so sind (CSI, rly?), aber wir haben zu unseren Lebzeiten bereits erleben dürfen, wie manch Science-Fiction-Idee Einzug in unseren Alltag gehalten hat. Insofern lohnt es, sich auch mal die anderen Ideen des CSIs anzugucken. Vielleicht bohren wir wirklich eines Tages auf Asteroiden nach Wasser. (via)
Katia Vega entwickelt leitfähige Kosmetik. Damit lassen sich Drohnen steuern oder ihr könnt LEDs in eurem Haar aufleuchten lassen.
Auch im Angebot: Falsche Fingernägel mit eingebauten RFIDs. Auch damit lassen sich lustige Dinge anstellen und für den einen oder anderen ist es vielleicht eine angenehmere Vorstellung, falsche Nägel zu tragen, als sich den Chip in den Körper implantieren zu lassen.
Wirkt auf mich wie direkt aus einem Cyberpunk-Roman entsprungen. Ich tippe allerdings, dass wir sowas in Zukunft häufiger sehen. Ich hoffe es!
Krankheitsbedingt ist hier aktuell wieder etwas weniger los, aber schnell der Hinweis auf die Dokumentation „A Journey Underground“, die ihr komplett bei Youtube gucken könnt. Da kommen fast alle meine Helden vor, umfasst tatsächlich einen Großteil meiner literarischen Sozialisation. Beatniks wie Burroughs und Jack Kerouac, Hippies wie Timothy Leary und Robert Anton Wilson und Cyberpunks wie William Gibson. Quasi eine Bestandsaufnahme des (literarischen) Untergrunds. Hier Teil 1 als Appetitanreger: