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Die elfjährige Rowan schreibt an DC Comics: „I love your comics, but I would love them a whole lot more, if there were more girls.“

Grad feiern ja viele Joss Whedon für seine Statements in Hinsicht auf Sexismus und Superheldenfilme ab. Vor allem dieses zugegebenermaßen griffige Zitat:

If a raccoon can carry a movie, then they believe maybe even a woman can.

Naja. Noch besser finde ich diesen Brief der elfjährigen Rowan an DC Comics, in dem sie sich völlig zu Recht über den Mangel an Superheldinnenfilmen beschwert:

Girls read comics too! An Awesome Letter from Rowan, Age 11, to DC Comics. Source: http://www.thismess.net/2015/01/girls-read-comics-too-awesome-letter.html

Sie argumentiert ähnlich wie Whedon:

Marvel Comics made a movie about a talking tree and raccoon awesome, but you haven’t made a movie with Wonder Woman.

Your turn DC Comics! Wonder Woman wird besser gut! Immerhin hat Marvel mit ihrem Captain Marvel-Film ein ganz heißes Eisen im Feuer.

(Source: Thismess.net. Der Autor findet es übrigens völlig ok, den Brief zu teilen, solange man ihm kurz Bescheid sagt und auf den Originalartikel linkt. Dort gibt es auch ein Transkript des Briefs.)

Update: Grad bei Comic Book Resources gesehen, dass DC Rowan geantwortet hat:

Before Watchmen – Silk Spectre #2 – Die Swinging Sixties

Nachdem Silk Spectre a.k.a. Laurie Jupiter am Ende des letzten Heftes mit ihrem Freund Greg durchgebrannt ist, erleben wir in Before Watchmen – „Silk Spectre“ #2 ihre Versuche, ein Leben in Freiheit zu genießen. Anfangs gelingt ihr das auch. Sie und Greg landen in San Francisco, lernen ein paar Hippies kennen und führen ein Leben zwischen Kunst, Drogen, Sex, Musik und Demos, das Laurie gut gefällt. Aber natürlich bleibt das nicht lange so und bald findet sie sich im Kampf gegen die Schergen eines gewissen „Gurustein“ wieder, der einen nicht gerade teuflischen, aber doch unerfreulichen Plan ausgeheckt hat.

Before Watchmen Silk Spectre 2 DC Cover
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Silk Spectre #1 fand ich vor knapp einem Monat so lala. Eigentlich ganz gut gemacht, aber ziemlich belanglos. Silk Spectre #2 macht ziemlich genau dort weiter und zeigt uns weiter, wie Laurie zugleich erwachsen, als auch die neue Silk Spectre wird. Sie findet einen Widersacher und einen Grund zu kämpfen. Sie entscheidet sich für ein Kostüm. Nebenbei wird viel Sixties-Feeling verbreitet. Zumindest ist das offensichtlich der Plan gewesen. Teilweise funktioniert es auch gut, insgesamt könnte das Ergebnisse aber überzeugender sein. Es gibt Anspielungen en masse, aber sie zünden nicht recht. Und das, obwohl ich die 60er (und vor ihnen die Beats der 50er) sehr mag. Drogen kommen vor, aber es wird lediglich ein wenig gekifft. Sex kommt vor, aber man ist einander treu. Rock’n‘ Roll mit schlüpfrigen Texten kommt vor, aber von ihm geht Gefahr für die Charaktere aus. Das Ganze ist einfach zu bieder, um richtig unterhaltsam zu sein. Die 60er in Silk Spectre (oder in Before Watchmen allgemein?) sind weniger düster, weniger vom Vietnamkrieg geprägt (was Sinn macht). Das macht sie aber auch langweiliger. Darwyn Cooke und Amanda Conner füllen die Lücke mit Kapitalismuskritik. Das kommt aber fast nicht rüber. Lediglich bei einer Demo werden „Make love, not profit“- Schilder geschwenkt. Es braucht schon einen Bösewicht, der im Namen des Konsums handelt, um dem Leser die Message einzupauken, was ziemlich schwach ist.

Das liegt zum Teil auch an den Zeichnungen von Amanda Conner. Die sind gut, aber irgendwie sehr hell, fröhlich und hübsch. Das lässt alles leichter und beschwingter wirken, als es sein sollte. Die Mimik der Charaktere ist überzeichnet. Das sehr klassische Paneldesign ist Geschmackssache, gefällt mir aber gut. Es wäre schön, wenn es Conner gelingen würde, düstere Szenen künftig etwas düsterer zu zeichnen, ihren Stil mag ich ansonsten nämlich gern.

Während mir das Cover von Silk Spectre #1 sehr zusagte, ist das Cover in diesem Monat kein Highlight. Irgendwie ist es seltsam coloriert und wirkt zugleich detailarm und überladen. Die Geschichte leidet zusätzlich unter einem irritierenden „Cliffhanger“. Spannung kommt irgendwie nicht auf. Eher sehr unschöne Sorge um Laurie, die nicht recht zur sonstigen Stimmung passen will und zu unvermittelt kommt und einen abrupt aus der Geschichte reißt. Das hätte man besser machen können.

Nach zwei eher schwachen Wochen mit Minutemen #2 und Silk Spectre #2 bin ich wieder deutlich skeptischer, was den Rang von Before Watchmen angeht. Kann man durchaus lesen, ist aber nicht herausragend. Momentan erscheinen deutlich bessere Comics, die euer Geld eher wert sind, zumal die Before Watchmen-Hefte mit 3,99$ auch ziemlich teuer sind.

Earth 2 #1 – #3 Review – A different world…

„Earth 2“ ist ein weiterer Neustart von DC Comics, geschrieben von James Robinson, gezeichnet von Nicola Scott. Earth 2 hängt eng mit dem ziemlich guten „Worlds Finest: Huntress & Power Girl“ zusammen. Es hat auch ähnliche Qualitäten und Schwächen.

Earth 2 #1 Cover
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Beide bieten gute Unterhaltung. Earth 2 kommt etwas epischer daher.

Überhaupt beginnt Earth 2 mit großen, weltbewegenden Umwälzungen. Ein übermächtiger Feind namens Steppenwolf tötet alle Superhelden. Es gibt keinen Superman mehr. Keinen Batman, keine Wonder Woman. Robin und Supergirl sind verschollen (In Worlds‘ Finest erfährt man mehr darüber). Es ist Not am Mann und es finden sich zōgerlich neue Helden. Die Hauptfiguren sind (bisher) Green Lantern und Flash, Mr. Terrific und Hawkgirl hatten ebenfalls Auftritte und ein oder zwei Bösewichte durften wir ebenfalls bewundern. Alle Charaktere sind jeweils in Earth 2-Version (also mit anderen Vorgeschichten, teils anderen Kräften etc.). Fans der Originale müssen sich also etwas umstellen, haben aber mutmaßlich viel Vergnügen mit den kleinen Unterschieden. Neuleser werden ein paar Anspielungen verpassen, was den Spaß doch mindert.

Das Ganze ist erzählerisch eher Hausmannskost, James Robinson geht alles Andere als kreativ zur Sache. Mir persönlich gefallen Huntress und Power Girl als Protagonisten in Worlds‘ Finest besser, mag aber auch daran liegen, dass diese zwei bereits ein eingespieltes Team sind, wahrend Earth 2 seine Geschichte und seine Protagonisten noch aufbaut.

Die Zeichnungen von Nicola Scott sind allerdings erste Sahne und tragen viel dazu bei, dass es einfach Spaß macht, ein paar Minuten (länger braucht man nicht) in Earth 2 zu schmökern. Nach drei Heften macht Earth 2 viel Spaß. Jetzt könnte von mir aus aber ein größerer Story Arc losgehen. Das Ende von Heft 3 deutet genau das an, insofern bin ich optimistisch, dass die Reihe lesenswert, wenn auch nicht herausragend bleiben wird.

Before Watchmen – Minutemen #1 Review (Das verloren geglaubte Originalreview)

Ha, mein Original-Review zu „Before Watchmen – Minutemen #1, das ich verloren glaubte, ist wieder aufgetaucht. Es war nicht verschwunden, die WordPress-App für Android hat lediglich das Veröffentlichungsdatum auf den 1.1.1970 gesetzt. Ihr habt jetzt die Möglichkeit, dieses Review mit meinem anderen Review desselben Comics, beide recht zeitnah geschrieben, zu vergleichen. Das hier ist immerhin annähernd drei Mal so lang.

Als ich zum ersten Mal davon hörte, dass DC sich daran wagen wolle, neue Watchmen Comics zu veröffentlichen, reagierte ich skeptisch. Schließlich ist Watchmen von Alan Moore und Dave Gibbons einer der besten, wenn nicht sogar der beste Comic der Welt. Hinzu kommt, dass Watchmen, untypisch für einen Superheldencomic, sehr abgeschlossen ist. Der Leser weiß, was es zu wissen gibt. Wenn die Geschichte erzählt ist, bleibt nur Recycling. In gewisser Weise hat man das auch bei DC verstanden und konzipiert Before Watchmen als Prequel. Aber: Kennt ihr ein Prequel, das besser ist als das Original? Mir fällt keins ein. Skepsis erschien mir allein deshalb angebracht. Auch die schiere Menge von Heften, deren Gesamtheit Before Watchmen ergibt, irritierte mich.

Mein Lieblingscomicdealer quitzi vom groben Unfug hat mir ein Reziexemplar von Minutemen #1 zukommen lassen. Zwar heißt es: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, aber genau das werde ich im Folgenden tun.

minutemen #1 cover

Beim Erstkontakt fällt dem geneigten Leser das Hochglanzcover ins Auge, mit dem DC offenbar punkten will. Ihren anderen Reihen spendieren sie diesen Luxus schließlich nicht. Umso mehr enttäuscht daher allerdings das unspektakuläre Motiv. Darwyn Cooke, der Minutemen #1 als Autor und Zeichner quasi allein stemmt, hat sich dabei nicht mit Ruhm bekleckert. Ein generelles Problem von Minutemen #1, aber dazu später mehr. Für ein Cover ist sein Motiv nicht detailliert und sorgfältig genug gezeichnet. Es kommt keine Stimmung auf.

Das Niveau setzt sich leider im Heft selbst fort. Ich mag viele Zeichner und nur selten einen generell nicht und würde mich als offen für viele Stile bezeichnen, aber Cooke ist überhaupt nicht mein Fall. Seine Charaktere wirken steril, die Zeichnungen wie talentiert hingeschludert. Aber Zeichnungen sind nicht alles. Auch das originale Watchmen bestach weniger durch die zwar guten, aus heutiger Sicht aber etwas altbacken wirkenden Zeichnungen von Gibbons als durch seine Geschichte (die aber von Gibbons großartig bebildert wurde, damit hier nicht das Missverständnis aufkommt, ich würde sie nicht gelungen finden). Cooke hingegen schafft es nicht einmal, die richtige Atmosphäre für seine eigene Geschichte zu schaffen. Es ist mir unverständlich, wieso die Wahl für einen so wichtigen Titel auf ihn fiel. Hätte man lieber Jeff Lemire genommen, der kann ebenfalls zeichnen, allerdings auf viel höherem Niveau. Als Autor kann ihm momentan ebenfalls kaum einer das Wasser reichen. Selbst ein Scott Snyder muss sich ordentlich anstrengen, will er da mit halten und der ist meiner Meinung nach der beliebteste Autor im aktuellen DC-Aufgebot.

Ach ja, die Geschichte. Tja, es gibt keine. Stattdessen erleben wir jeweils kurze und weitenteils langweilige Episoden von 2-4 Seiten aus dem Leben verschiedener Charaktere, die in Watchmen mehr oder weniger wichtig waren. Die Verbindung zwischen all den Episoden: Im Detail noch unklar, in der Ausführung unkreativ. Die Minutemen werden rekrutiert. Es gibt Comichefte, die dienen fast oder ausschließlich der Einführung der Charaktere oder dem World Building. Was Cooke hier abliefert toppt allerdings so ziemlich alles: World Building? Kaum vorhanden. Allerdings mag ein Neuleser das anders sehen. Charaktere? Die, die man kennt, gewinnen nicht an Tiefe, im Gegenteil, sie wirken flach. Die neuen Charaktere bleiben blass.

Am Ende ist jemandem bei DC offenbar noch aufgefallen, dass Piratencomics in Watchmen eine gewisse Rolle spielten, also hat man einfach am Ende 2 Seiten belanglosen Piratencomic angeflanscht, ohne Beziehung zum Heft. Wo Watchmen kunstvoll Bedeutungsebene auf Ebene legte, versucht Cooke gar nicht erst irgendwelche Fäden zu spinnen. Er erzählt wie auf dem Reißbrett. Von Moores mäanderndem, vieldeutigem Meisterwerk ist Minutemen denkbar weit entfernt. Unwahrscheinlich, dass ich mir die 6 Bände antun werde. Nächste Woche erscheint Silk Spectre #1, das werde ich mir anschauen. Zwar auch wieder von Darwyn Cooke geschrieben, aber immerhin gezeichnet von Amanda Conner, die ich ziemlich gern mag. Allein das Cover macht schon deutlich mehr Lust auf den Comic als das von Minutemen #1.

Before Watchmen – Minutemen #1 Review

Hier sollte eigentlich eine lange und detaillierte Kritik an Minutemen #1 von Darwyn Cooke stehen, die hat aber WordPress gefressen (Update 14.07.2012: Das andere Review ist wieder aufgetaucht. Hier könnt ihr es nachlesen. Insgesamt ist es kritischer als das hier, die Tendenz, den Comic nicht zu mögen, ist aber natürlich dieselbe). Da mein Lieblings-Comichändler Grober Unfug mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar überlassen hat, will ich wenigstens kurz meine Meinung zum Comic sagen.

http://groberunfug-comics.blogspot.de/2012/06/before-watchmen.html

Ich war skeptisch. Watchmen ist einer meiner Lieblingscomics und der beste Superheldencomic, den ich kenne. Alan Moore und Dave Gibbons haben mit Watchmen ein Meisterwerk geschaffen, welches in sich geschlossen ist und keine Nachfolger braucht. Und auch keine Prequels.

DC sieht das offenbar anders und veröffentlicht mit Before Watchmen ein recht umfangreiches Prequel. Den Anfang macht Minutemen #1 und es hat mich auf ganzer Linie enttäuscht und alle Befürchtungen übertroffen. Geschichte – nicht existent. Charakterzeichnung – schwach. Artwork – Mittelmaß. Cooke reiht einfach nur belanglose Episoden aneinander. Am Ende wird ein Zusammenhang hergestellt, der wenig überrascht: Alle Charaktere wirken an der Schaffung der Minutemen mit bzw. sollen Teil des Teams werden.

Insgesamt ein undankbarer Start in die Reihe. Ich hoffe Silk Spectre #1 nächste Woche wird besser. Geschrieben wird Silk Spectre zwar auch von Darwyn Cooke, allerdings schwingt die fabelhafte Amanda Conner die Pinsel, was mich zumindest auf ein besseres Artwork hoffen lässt.

Spotlight on Vertigo- Comics für Erwachsene

Liebe Leser, wider den tierischen Ernst, der uns mit allerlei Ärger nicht verschont, möchte ich euch heute das amerikanische Comiclabel Vertigo vorstellen. Dass ich mich ausgerechnet für dieses entscheide, hat natürlich einen Grund: Unter dem Vertigo- Imprint versammeln sich eine Vielzahl mir sehr lieber Comicserien, darunter so bekannte wie Sandman, Hellblazer aka John Constantine, Preacher, Transmetropolitan, Fables oder 100 Bullets. Zudem lese ich mit Vergnügen einige ihrer aktuellen Publikationen (Air, The Unwritten, Greek Street, Sweet Tooth, Northlanders, DMZ, Daytripper) , über die ich im Laufe der Zeit vielleicht auch noch berichten werde.

Vertigo wurde 1993 von DC- Comics als Ableger für erwachsenere, düsterere Comics und Graphic Novels gegründet, die kontroversere Themen aufgreifen, als es im klassischen DC- Korsett möglich gewesen wäre (DC ist neben Marvel einer der größten Comicverlag der USA und bekannt für seine Superhelden. Zum DC- Universum gehören Helden wie Batman, Superman oder Green Lantern).

In Deutschland veröffentlich der Panini-Verlag einen kleinen Teil der eher alten Vertigo- Erscheinungen als Sammelband(z.B. Sandman,100 Bullets). Vertigo- Hefte sind in Deutschland nicht im Sortiment, die gibt es nur von Bestsellern wie Batman oder Spiderman (Panini vertreibt in Deutschland DC und Marvel). Von einem ausreichendem oder gar aktuellem und vollständigem Angebot an Vertigo- Comics sind wir leider weit entfernt. So bleibt nur der Gang zum Comichändler des Vertrauens oder der Weg über das Internet, um sich die Originalhefte zu kaufen. Meiner Erfahrung nach erschließen die sich einem auch mit mittelmäßigem Schulwissen. Zumindest sprachlich.

Was ist nun besonders an Vertigo, warum erzähle ich euch von denen? Weil sie besonders sind. Was macht sie besonders?

Es sind die Autoren und Zeichner. Die Liste derer, die für Vertigo geschrieben und gezeichnet oder gar über Vertigo bekannt geworden sind, ist lang und für Comicfans liest sie sich wie ein Who is Who der Branche.

Brian Azzarello (100 Bullets, Filthy Rich), Ed Brubaker (Criminal, Incognito), Mike Carey (The Unwritten), Warren Ellis (Transmetropolitan, Freak Angels), Garth Ennis (Preacher), Howard Chaykin (Black Kiss), Mark Millar (Wanted, The Unfunnies), Grant Morrison (Animal Man, The Invisibles, The Filth), Peter Milligan (Greek Street), Brian K. Vaughan(Y: The Last Man, Ex Machina), Matt Wagner (Grendel), Bill Willingham (Fables), Paul Pope (Heavy Liquid, 100%), Brian Wood (DMZ, Northlanders).

Unter dem Vertigo- Imprint sammelte sich nicht nur Talent, sondern die Künstler wussten mit ihrer größeren kreativen Freiheit auch etwas anzufangen und schufen einige epochale Werke, die maßgeblich mithalfen, das Medium Comic aus der Schmuddelecke zu hieven und als ernstzunehmende, mitunter einmalige, Kunstform zu etablieren. Neben dem Mainstreamcomic, versteht sich, denn der existiert natürlich weiter, ohne ihn wären wohl sowohl DC als auch Marvel schon lange pleite, denn der Markt für ernsthafte Comics, die auch mal zum Nachdenken anregen, ist anscheinend kein großer.

Neil Gaiman schuf mithilfe wechselnder Zeichner von 1988 bis 1996 die Sandman– Serie, um Dream, den Herrscher des Traumreiches (bis 1993 noch nicht unter dem Vertigo- Imprint). Auf über 2000 Seiten folgen wir Dream auf mehr oder weniger verschlungenen Pfaden durch Geschichten voller Anspielungen auf Mythologien und Geschichte sowie: Geschichten. Dabei treten anfangs noch bekannte DC- Charaktere auf, mit zunehmender Sicherheit entfernte Gaiman sich aber mehr und mehr vom Bekannten und schuf etwas in dieser Form noch nicht da Gewesenes. In den USA ist Sandman noch immer Kult und hatte großen Einfluss auf die Popkultur. Heute noch gibt es Neuerscheinungen aus dem von Gaiman erdachten Universum. In Deutschland sieht die Situation anders aus. Hier hat man bestenfalls mal davon gehört, dass Neil Gaiman mit einem Comic bekannt geworden ist, kennt aber eher seine Romane (die stilistisch und thematisch übrigens dem Comic ähneln).

Dieses Schicksal teilt Sandman auch mit Preacher (1995-2000) von Garth Ennis und Zeichner Steve Dillon. Hierzulande nahezu unbekannt, sorgte es in den USA für einigen Wirbel und machte den Iren Ennis entgültig zum gefragten Comic-Autoren (ein Beruf, der so hierzulande nicht existiert, oder?). Die Geschichte von Preacher dreht sich um 3 Protagonisten: den titelgebenden Ex-Priester Jesse Custer, seine Freundin Tulip sowie den irischstämmigen Vampir Cassidy. Was die drei alles erleben kann man unmöglich widergeben, man muss es gelesen haben. Preacher ist dreckig, brutal, gemein und blasphemisch. Aber Preacher ist nicht dumm. Preacher ist Unterhaltung für Erwachsene.

Kurz zusammengefasst bieten Vertigo-Comics also erwachsenere, teils düsterere Geschichten und Zeichner, die einen ganz eigenen Stil entwickeln durften. Darüber hinaus gibt es eine gewisse Vertigo-Farbgebung. Weg von den grellbunten Superheldencomics und hin zu mehr Realismus. Das ist, ich gebe es zu, mitunter gewöhnungsbedürftig, direkt schön sind die Zeichnungen und Farben nämlich nicht immer. Manchmal braucht es Zeit und Beschäftigung, um ihre Qualitäten zu erkennen.

Falls ich euch nun ein wenig neugierig gemacht habe, geht los und gebt einem Comic eine Chance. Preacher und Sandman gibts in jeder Bahnhofsbuchhandlung, alle beide ziemlich gut eingedeutscht. Wenn ihr es aktueller mögt empfehle ich euch G. Willow Wilsons Air (ziemlich abgedrehte Story um eine junge Stewardess namens Blythe), Sweet Tooth von Jeff Lemire (postapokalyptisches Setting, Protagonist ist ein Junge mit Geweih, auch strange), Greek Street von Peter Milligan (griechisches Drama in die heutige Zeit versetzt), Daytripper von Fabio Moon und Gabriel Ba (ein Tag im Leben von Brás, jedes Heft eine in sich abgeschlossene Geschichte) oder The Unwritten von Mike Carey (befasst sich mit der Macht von Geschichten). Allesamt aktuelle Erscheinungen, teils erst vor einem Monat gestartet. Dafür braucht ihr allerdings einen Comichändler, denn die müssen importiert werden, da sie in Deutschland nicht erscheinen. Außerdem braucht ihr zumindest Schulwissen in der englischen Sprache. Comics sind keine Bilderbücher. ;)

Natürlich gibt es auch andere Comicverlage mit feinen Geschichten. Aber Vertigo ist mir in der Summe der liebste. Nur ganz wenige Ausflüge in die Mittelmäßigkeit, größtenteils absolut herausragende Veröffentlichungen.

Wenn ich die Zeit finde, werde ich euch zukünftig einzelne Serien etwas genauer vorstellen. Wenn ich den einen oder anderen von euch neugierig mache, ist das viel wert. Ich wünsche mir mehr Comic-Kultur.