Ich fahr zwar nicht so fanatisch auf Radiohead ab wie manche Menschen, die ich kenne und die sie sehr feiern, aber klar: Radiohead sind eine fantastische, einzigartige Band mit einer großen Anzahl richtig guter Songs und riesiger Bedeutung für (Rock-)Musik überhaupt.
Mir geht’s bei Lieblingsliedern einer bestimmten Band oft so: Fange ich erstmal an, mir über Lieblingssongs Gedanken zu machen, fallen mir eine ganze Menge toller Songs ein, zwischen denen ich mich nur sehr schwer entscheiden kann.
Bei Radiohead ist das etwas leichter. Mir fallen zwar natürlich eine Unmenge guter Songs ein und es fiele mir schwer, da qualitativ zu werten. Aber: Ich weiß ziemlich genau, welcher Song mein Erstkontakt war und das ist für mich fast immer das Wichtigste.
Im Fall von Radiohead weiß ich es fast genau. Es könnte entweder Karma Police oder aber Pyramid Song gewesen sein. Wahrscheinlicher ist Karma Police, weil früher erschienen (1997 auf OK Computer). Der Pyramid Song wurde erst 2001 als erste Single vom Album Amnesiac veröffentlicht.
Das Video dazu hat mich damals, natürlich genauso wie die Musik, sehr beeindruckt. Ich finde es noch immer sehr gelungen und auch verstörend. Sehr gut passend zur Musik. Die Idee der „Karma Police“, die einen holt oder verfolgt, wenn man Schlechtes tut, fand ich damals sowohl erschreckend als auch verlockend, die Metapher dahinter gelungen. Als ich mir das Video beim Schreiben dieses Posts nochmal ansah, merkte ich, es ist gut gealtert. Was meint ihr?
Dieser Monat voller Musik beginnt ganz klassisch mit „your favorite song“. Wie bereits gesagt, ist von vornherein absehbar gewesen, dass ich mit bestimmten Tagen Probleme bekommen werde. Das geht am 1. Tag schon los. Mein Lieblingssong, tja, das ist, als würde man mich nach meiner Lieblingsband fragen. Ich kann nicht vernünftig darauf antworten, weil ich nicht die Lieblingsband oder den Lieblingssong habe, sondern sehr stimmungsabhängig höre.
Last.fm sagt mir immerhin, dass ich The Decemberists häufiger als alle anderen Bands gehört habe. Ich weiß, dass ich Conor Oberst aka Bright Eyes vor allen anderen Künstlern bevorzuge. Außerdem nicht ganz uninteressant: Habe ich im Blog schon Empfehlungen ausgesprochen und falls ja, welche? Joanna Newsom und Fiona Apple. Ich werde mich also auf diese 4 Interpreten beschränken, aber nur, weil die Fragestellung das so erfordert. Jeden dieser Songs finde ich unbestreitbar zutiefst genial.
Von den Decemberists wäre The Crane Wife 1 & 2 zu nennen. Das ist der Titelsong des gleichnamigen Albums. Er ist in 3 Teile aufgeteilt, von denen die ersten beiden einen (laaangen) Song ergeben. Das ganze Album lege ich euch sehr ans Herz, ein wirklich wunderbares Album voll Indie-Folk. Herzzereißende Melodien, durchdachte Arrangements und Texte. The Crane Wife („Die Kranich- Ehefrau“) bezieht sich auf ein japanisches Märchen. Ein armer Mann findet einen verletzten Kranich und pflegt ihn gesund. Er lässt ihn frei und lernt eine Frau kennen, in welche er sich verliebt und die er heiratet. Um den Lebensunterhalt zu verdienen, webt seine Frau ganz wundervolle Seidenklamotten, allerdings darf er ihr nie dabei zusehen. Er lässt sie mehr und mehr weben, denn die Kleider bringen gutes Geld, dabei geht es seiner Frau aber immer schlechter. Eines Tages schaut er natürlich doch nach, wie sie denn so Zauberhaftes scheinbar aus dem Nichts schafft. Was er sieht, ist nicht seine Frau am Webstuhl, sondern ein Kranich, der sich immer wieder die eigenen Federn ausreißt und sie in die Webstücke einarbeitet. Als der Kranich bemerkt, dass er beobachtet wird, fliegt er davon und kommt nie mehr zurück.
Da der Song so lang ist, passt er leider nicht komplett auf youtube, aber wenn er euch gefällt, findet ihr sicher Möglichkeiten ihn komplett zu hören. Dieses Album ist definitiv den Kauf wert, auch weil ich euch genauso gut den Übersong The Island, Come and see, The Landlord´s daughter, You´ll not feel the drowning (das ist wirklich der Titel eines einzigen Songs) vom selben Album hätte empfehlen können, der mindestens dasselbe Niveau hat, sowohl musikalisch, als auch was die Geschichte angeht! Dort machen die Decemberists sogar einen tollen Ausflug zu Progrock mit diesen 70er-Jahre-Orgeln (?) und allem. Verlinke ich nicht, weil ebenfalls zu lang, um ihn komplett bei Youtube zu hören.
Tja, mein liebster Song von Conor Oberst. Ich mag die Phase, als Conor noch jung und verzweifelt war, als die Songs noch roher waren. Amy in the white Coat, Padraic my prince und besonders Saturday as usual. Wieso? Tja, ehrlich, ich bin Fanboy, schon seit meiner Pubertät und es scheint, ich würd´ für immer Fanboy bleiben. Conor raubt mir den Atem, ich höre ihn, wenn es mir gut geht, wenn es mir schlecht geht, immer immer wieder. Für mich der Inbegriff von Singer/Songwriter. Authentisch, pathetisch, herzzereißend schön. Regelmäßig gibt es in meinem Leben eine absolute Bright Eyes- Phase, in der ich wochenlang keinerlei andere Musik höre (was weniger langweilig ist, als es klingt, allein meine Bright Eyes- Songs sind insgesamt fast 19 Stunden lang, inklusive ein paar Splits und wohl auch wenigen Dopplungen).
Amy in the white coat war mein allererster Bright Eyes Song. Ich bin zufällig auf diesen Song gestoßen und er hat mich nicht mehr los gelassen. Ich habe mir daraufhin andere Songs angehört, immer mehr, und das war der Beginn. Interessanterweise ist Amy auf keinem Album enthalten, ich bin also rein zufällig auf einen der selteneren Bright Eyes- Songs gestoßen. Ansonsten: todtrauriger Song, der ist wohl eher für die gepflegte depressive Phase geeignet.
Padraic my Prince verbreitet auch nicht grad gute Laune, hat aber einen der schönsten Refrains, die ich kenne und ist insgesamt gut erzählt. „So tonight to celebrate, I will poison myself“, da geht mir mein trauriges Herz auf. ;) Die Geschichte ist im Übrigen nicht autobiografisch.
Saturday as usual mag ich wegen des tollen Textes voll jugendlicher Verzweiflung und Unverständnis, voller Ablehnung und ohne eigene Vision, die dem vernünftig entgegen zu setzen wäre, was am Ende auch zu einem Ausbruch puren Schmerzes führt.
Seht ihr (natürlich nicht, also erzähl ich es euch), jetzt habe ich mir die 3 Songs natürlich jeweils angehört und was passiert? Ich höre sie wieder und wieder, während ich das hier weiter schreibe. So ist Bright Eyes für mich. Und ich hätte euch auch ganz unbedingt viele andere Songs empfehlen müssen. Arienette zum Beispiel. Oder Haligh, Haligh, a Lie, Haligh. Something vague (der steigert sich so schön in die Großartigkeit). The calendar hung itself. A perfect Sonnet. When the curious girl realizes she´s under glass again. Jeden verdammten Bright Eyes- Song, ungelogen. Ihr seht, mich nach Lieblingssongs zu fragen ist keine gute Idee.
Zwei Songs noch, mit denen fasse ich mich kurz, denn ich hab sie hier bereits empfohlen. Da wäre zum einen Fiona Apple mit ihrem tollen Cover des Songs „I want you“ von Elvis Costello. Der Song ist gut, die Interpretation von Apple ist herausragend. All das, was im Text leise angelegt ist, bringt sie durchaus subtil, aber beängstigend intensiv zum Vorschein. Das Manische, Besessene, Zerstörerische. Manchmal entsteht etwas Magisches, wenn zwei große Künstler aufeinander treffen. Hier ist das eindeutig geschehen.
Zu guter letzt: Joanna Newsom. Weird Folk, Freak Folk, whatever, mit Harfe und gewöhnungsbedürftiger Stimme. Newsom hat eine ganze Menge guter Songs vorzuweisen, die sind meist aber auch sehr lang und sperrig. Weswegen ich einen kurzen, recht zugänglichen Song von ihr sehr mag und gern weiter empfehle. Wer den dann mag, kann sich an weitere Songs von ihr wagen. Aus meiner Sicht absolut lohnend. Also hier, der krönende Abschluss meines ersten Tages von „Ein Monat Musik“, Joanna Newsom mit Peach Plum Pear. Ein eher fröhlicher, irgendwie beschwingter Song, das macht sich gut als Abschluss. Habt Spaß!
Morgen dann „your least favorite song“. Das wird auch wieder schwer, schlechte Songs höre ich schließlich nicht freiwillig. Mal sehen, was mir so in den Sinn kommt.