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ti_leos Links der Woche (KW 21)

Herzlich willkommen zu meinen Links der Woche.

ti_leos Links der Woche KW 21

Starten wir gleich mit dem Artikel, der diese Woche mutmaßlich signifikant häufiger geteilt als gelesen wurde: Host von David Foster Wallace, internetfein gemacht von The Atlantic. Da Wallace eine Vorliebe für Fußnoten (und Fußnoten in Fußnoten!) hatte, war das nötig. Muss ich selbst erst noch lesen, bei Wallace macht man aber nichts verkehrt, wenn man ihn empfiehlt.

Der Wettlauf um Asteroiden und Co. ist nah: The US has space experts worried about an extra-terrestrial land grab.

Triggerwarnungen oder Safe Spaces sind kein übertriebenes „political correctness“-Geschwätz, sondern logische Entwicklung, daraus folgend, dass wir heutzutage posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und Trauma viel besser verstehen, schreibt Jeet Heer in Stress Test.

Mir war William Horton bisher kein Begriff, aber vor 30 Jahren hat der Fall die Gemüter in den USA erhitzt. Bis heute fahren Politiker, was Sträflinge und Hafturlaub angeht, besser eine harte Schiene, egal ob Republikaner oder Republikaner. Alles wegen Horton, der Präsidentschaftswahl 1988 und so gewieften wie skrupellosen Beratern: Willie Horton Revisited.

The Spectacular Flight and Rough Landing of the Freedom Jumpers hat den Prozess dreier Base Jumper begleitet, die 2013 vom noch in Bau befindlichen One World Trade Center gesprungen sind und daraufhin verhaftet wurden. Den Freedom Jumpers drohen viele Jahre Gefängnis, sogar ihrem Fahrer! Es wirkt, als solle an ihnen ein Exempel statuiert werden. Aber warum eigentlich? Ist ihr Base-Jump nicht ein Verbrechen ohne Opfer bzw. eine Opferlose Straftat?

Leider bin ich derzeit nicht up-to-date, aber Saga von Brian K. Vaughan und Fiona Staples ist seit Jahren einer der besten Comics überhaupt, vielleicht der beste im „Mainstream“. Nachdem ihr How Brian K. Vaughan Builds Epic Stories gelesen habt, wisst ihr auch, warum das kein Zufall ist.

Queers Read This, ein Flyer, den die Queer Nation 1990 auf der New York Gay Pride Parade verteilt hat.

Wieviele Videos und Bilder von Morden und tödlichen Unfällen habt ihr schon gesehen im Leben? Von Rotten bis zu ISIS oder Walter Scott – das Internet ist voll davon. Death in the Browser Tab beschäftigt sich damit, was es für Auswirkungen hat, dass der Tod uns auf die Art einerseits näher rückt, in unseren Alltag eindringt, zugleich aber auch fremder und anonymer wird, uns unwirklicher vorkommt.

By Reason of Insanity erzählt die spannende Geschichte von Daniel Sickles, der 1859 den Geliebten seiner Ehefrau mit drei Pistolen erschossen hat und dann als Erster in den USA erfolgreich auf Unzurechnungsfähigkeit plädierte.

Are we bingeing on mixed-race beauty to feel better about racism?

Überschätzen wir die Möglichkeiten von Gentechnik, besonders von Genomik? Weighing The Promises Of Big Genomics sagt ja.

Rowan Cota, darüber, wieso sie über ihre Vergewaltigung nicht offen sprechen kann: A follow up to „We are not things“. Falls euch mal wieder jemand erzählen will, dass Rape Culture nicht existiere, jedenfalls nicht hier usw. – Sie existiert, sie wirkt, wir sind Teil davon und sie lässt Menschen nicht offen reden.

Passend dazu: The Mary Sue Will No Longer Promote HBO’s Game of Thrones

FEMEN sind aus vielen Gründen kritisch zu betrachten bzw. abzulehnen, einer davon, dass sie „imperialistischer Feminismus“ sind, der die Leistungen vieler afrikanischer Aktivistinnen, die lange vor ihnen bereits erfolgreich Nacktheit als Mittel des Protests nutzen, ignoriert und unsichtbar macht. Bodies That Matter: The African History of Naked Protest, FEMEN Aside

Ein schwedischer Designer hat einen Vorschlag für eine Flagge der Erde gemacht. Geht so. Aber mir gefällt der Idealismus, der dahinter steckt.

Apropos Schweden: Other People’s Playlists ist ein richtig guter Artikel über Spotify. Inklusive einer Art The Wiki Game für Spotify.

Isaac Asimov on “How Do People Get New Ideas?” (1959)

Der Spieleentwickler Mac Cauley hat für den Oculus‘ Mobile VR Jam 2015 ein in 3D begehbares Gemälde von van Gogh geschaffen: The Night Café. Sehr cool, Virtual Reality ist hochinteressant aktuell.

Richard Prince verkauft ausgedruckte Screenshots von anderer Leute Instagram-Fotos als Kunst. Nach geltenden Gesetzen (fair use) ist das wahrscheinlich legal, weil Prince den Bildern jeweils einen eigenen Kommentar hinzufügt. Gelungene Provokation und ein wichtiger Kommentar zu Copyright-Foo oder glatter Diebstahl? Ich finde „New Portraits“ eher gelungen, lest aber unbedingt auch Richard Prince Sucks, in dem wichtige Kritikpunkte formuliert werden.

In Like the Force, Copyright Law is About Balance macht sich Casey Rae Gedanken über Copyright bzw. Urheberrecht und wie es beschaffen sein müsste, damit tatsächlich Urheber davon profitieren und Kunst schaffen incentiviert wird. Kein langer Artikel, aber recht ausgewogen.

Nicht die Algorithmen sind das Problem, sondern die Gesellschaften, die sie entwickeln, behauptet You Can’t Handle the (Algorithmic) Truth. Ich bin geneigt, dem zuzustimmen. Auch, weil ich letztens erst einen Artikel gelesen habe, der in eine ganz ähnliche Richtung zielt: From Mega-Machines to Mega-Algorithms. Gerede von „algorithmischer Verantwortlichkeit“ verkennt die eigentlichen Probleme.

In Neuseeland ist am 12. Mai ein Gesetz in Kraft getreten, nachdem Tiere „sentient beings“ sind, also „fühlende Wesen“ (wie Menschen). Klingt nicht radikal, ist es aber leider. Warum ist das Thema wichtig? Hier eine kurze Einführung: Should Animals Have Human Rights?, erklärt mit Pokemon!

Wenn man einmal anfängt, sich darüber Gedanken zu machen, was Farben eigentlich sind und wie jeder Einzelne sie verschieden wahrnimmt, wird es schnell wunderbar komplex: Does Color Even Exist?

Los Angeles City will bis 2020 den Mindestlohn von derzeit 9$ schrittweise auf 15$ erhöhen. Für 15$ kann man sich aber jetzt schon das Wohnen dort nicht mehr leisten: Every Single Part of Los Angeles is Unaffordable on $15/Hour

Weil @nulipan in dieser Woche erst ein kleiner Vogel vor die Füße geplumpst ist, den sie dann zu einer Vogelaufzuchtstation gebracht hat: What to Do When You Find a Baby Bird on the Ground.

Der weiteste Sprung der Welt mit einem „Auto“, von Tanner Foust über 101 Meter:

Die Playlist zu den Links:

(eigentlich das ganze Album)

Terraria – Work In Progress oder Hundert Stunden sind auch nur fünf Tage

„Terraria ist ein Minecraft-Klon.“ Wer immer sich mit dem Indiehit von 2011 (über zwei Millionen mal verkauft) beschäftigt, wird schnell auf diesen oder einen ähnlichen Satz stoßen. Das ist so, weil es stimmt. Allerdings ist das noch nicht die ganze Wahrheit über Terraria.

Buddeln, Holz hacken, Craften, Häuser bauen – Terraria orientiert sich, vor allem zu Beginn, tatsächlich sehr stark an Minecraft. Mancher Soundeffekt wirkt, als stamme er 1:1 aus Minecraft. Der Spieler startet im Nirgendwo mit einer Axt, einer Spitzhacke und einem Schwert. Eine Story gibt es nicht, ein freundlicher NPC rät aber, sich ein Haus zu bauen, um sich vor Feinden zu schützen. Also geht man los und fällt ein paar Bäume. Aus dem Holz baut man sich nun das erste Haus. Nachts kommen die Zombies, aber in den eigenen vier Wänden ist man sicher.

Wenn es an der Oberfläche gefährlich ist, buddelt man sich eben in die Tiefe. Dort gibt es viel zu entdecken. Materialien wie Erze, die wir brauchen, um bessere Ausrüstung herzustellen. Geheimnisvolle Artefakte. Lebenskristalle, die dauerhaft unser Hitpoints erhöhen. Genau wie Minecraft ist die Welt von Terraria zufallsgeneriert und es existieren riesige, weit verzweigte Höhlensysteme. Ist unser Inventar voll, machen wir uns wieder auf den Weg zur Oberfläche, rüsten uns mit besseren Gegenständen aus, erweitern unser Haus und verschönern die Umgebung. Soweit so Minecraft. Wo aber sind die Unterschiede? Warum ist Terraria auch für Minecraft-Veteranen einen Blick wert?

Terraria ist anders. Wichtigster Unterschied: Terraria ist ein 2D-Sidescroller. Grafisch kann man sich Terraria wie einen Mix aus Minecraft und Super Mario vorstellen. Die Grafik ist äußerst retro, manche meinen auch hässlich. Mir gefällt der Stil allerdings gut und wenn man sich darauf einlässt, entdeckt man viele liebevolle Kleinigkeiten, die der Spielwelt Leben einhauchen. Dazu passt auch der Sound, den man bereits nach kurzer Zeit kaum noch wahrnimmt. Viel Arbeit wurde auch in die Lichteffekte gesteckt. Mit verschieden gefärbten Fackeln lassen sich stimmungsvolle Beleuchtungen erreichen. Man merkt Terraria an, wieviel Herzblut darin steckt, typisch für ein gelungenes Independent Game.

Von Beginn an merkt man, dass Terraria deutlich kampfbetonter verläuft als Minecraft. Es gibt auch deutlich mehr Rezepte, die man nicht mühsam heraus finden muss. Stattdessen verrät einem ein NPC, welche Gegenstände man aus welchen Materialien herstellen kann. Items verschleißen nicht, sie werden aber zufallsgeneriert in bestimmten Qualitätsstufen hergestellt. Es ist also durchaus ratsam, mehrmals denselben Gegenstand zu craften, bis man einen mit den richtigen Boni hat. Schneller lassen sich die Boni und Mali auch gegen Gold ändern, so dass man keine Materialien mehr verschwenden muss.

Um wichtige Items wie Fackeln herstellen zu können, ist man gezwungen, hin und wieder zu kämpfen. Bestimmte wertvolle Materialien droppen sogar nur bei oder nach Bosskämpfen. Richtig gelesen: In Terraria gibt es Bossmonster. Die sind oft riesig groß und haben massig Hitpoints. Ohne die passende Ausrüstung hat man da keine Chance.

Stirbt man mal, was des Öfteren passiert, ist das kein Drama. Man verliert die Hälfte des Geldes im Inventar, aber sonst bleiben alle Items erhalten (zumindest im einfachsten der drei Schwierigkeitsgrade). Für Geld kann man beim Händler nützliche Gegenstände erwerben. Damit der Händler einzieht, braucht er ein eigenes Haus. Bis zu zehn NPCs schließen sich im Lauf des Spiels dem Spieler an. Von der Krankenschwester über den Waffenhändler bis zum Alchemisten bieten sie alle spezifische Vorteile für den Spieler. Damit die NPCs erscheinen, muss der Spieler bestimmte Aktionen ausführen. Anfangs reicht es noch, Dinge wie Heiltränke oder Bomben zu finden, später sind die Anforderungen deutlich kniffliger, meist muss vorher ein Bossgegner besiegt werden.

Was – auch eher friedlichen Naturen, wie mir – einen Heidenspaß macht. Bei den Bosskämpfen merkt man deutlich, dass man mit besserer Ausrüstung auch ein besserer Kämpfer wird. Man fühlt sich direkt mächtiger, wenn man in Demonite-Rüstung mit einem Laserschwert (richtig gelesen, ihr könnt euch ein Phaseblade herstellen, welches nicht nur leuchtet, sondern sogar das typische Geräusch einen Lichtschwerts macht) um sich haut und dabei mittels Raketenstiefeln gekonnt dem „Weltenfresser“ oder dem „Auge des Cthulu“ ausweicht.

Das liegt auch an der Kollisionsabfrage, bei 2D-Spielen überaus wichtig ist und bestens funktioniert. Die stimmigen Beleuchtungseffekte werten die Grafik enorm auf. Die Bedienung ist (bis auf das Inventar) simpel und intuitiv. Der Suchtfaktor ist enorm hoch, fast höher als in Minecraft. Man hat zu jeder Zeit etwas zu tun, meist mehrere Dinge zugleich. Ich habe bereits über 110 Stunden im Spiel zugebracht und noch immer nicht alle Bossmonster erledigt. Und selbst wenn ich das demnächst irgendwann geschafft habe, ist Terraria nicht zuende, sondern man schaltet den Hardmode mit neuen Monstern, neuen Materialien und neuen Gegenständen frei.

Terraria bietet einen Multiplayermodus per Netzwerk oder Internet. Die Systemanforderungen sind äußerst niedrig, das Spiel bietet zudem viele Möglichkeiten, die Einstellungen entsprechend der eigenen Präferenzen zu ändern. Das Spiel kostet 10€ via Steam, 20€ in der Verkaufsversion, die man im Laden erwerben kann, ist also preiswert. Die Ladenversion enthält zusätzlich ziemlich unnützen Schnickschnack: Einen Spitzhacken-Schlüsselanhänger aus Gummi, ein Poster, sowie zwei Sammelkarten. Die Entwicklung von Terraria ist abgeschlossen, es erscheinen keine neuen Updates mehr.

Natürlich hat Terraria auch ein paar Schwächen. Das Inventar von Terraria ist eine Zumutung. Man gewöhnt sich daran, aber es bleibt unübersichtlich und umständlich zu bedienen. Die Grafik ist was für Liebhaber, die meisten Menschen müssen wohl darüber hinweg sehen können. Diese Schwäche teilt sich Terraria allerdings mit Minecraft. Eher ein Luxusproblem, aber gerade für Minecraft-Fans nicht unwichtig: Die Spielwelt von Terraria ist nicht unendlich groß, der Spielumfang ist daher begrenzt. Terraria ist kein Endlosspiel. Bis man allerdings alles entdeckt hat, vergehen unzählige Stunden und dann kann man immer noch einfach mit allen Gegenständen im Inventar auf einer neu generierten Karte von Neuem beginnen.

Einen bösen Schnitzer erlaubt sich Terraria allerdings: Die Ladenversion bietet auch eine deutsche Übersetzung. Die führt aber beim Ausrüsten von Rüstungsteilen zum Absturz des Spiels, ist also unspielbar. Aber auch in der Originalsprache Englisch ist Terraria gut zu verstehen, also keine Panik und die Sprache in den Einstellungen auf Englisch stellen!

Fazit: Terraria ist ein Spielspaßmonster. Getarnt als simples 2D-Spiel bietet es unzählige Möglichkeiten, sich in der Spielwelt kreativ auszutoben. Darüber hinaus bietet Terraria weitere Herausforderungen in Form von Bosskämpfen und umfangreichem Crafting. Terraria fesselt enorm. Die neuen Spielelemente passen gut ins Setting und machen Terraria zu einem eigenen Spiel, das Elemente bei Minecraft leiht, diese aber gekonnt erweitert.

Nützliche Links:
Offizielle Homepage Terraria
Terraria Wiki (englischsprachig)
Terraria Wiki (deutschsprachig)

Fahrenheit- Der letzte interaktive Spielfilm oder die Geburtsstunde einer neuen Art von Spiel?

Guten Morgen. Heute möchte ich euch einmal etwas empfehlen. In der aktuellen Computer Bild Spiele findet ihr die Vollversion von „Fahrenheit“ für nur 2,99€. Warum es sich lohnt, Fahrenheit zu erwerben, will ich etwas näher erläutern.

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Zuerst: Was ist Fahrenheit? Fahrenheit (USA: Indigo Phrophecy) ist eine Art Action- Adventure (im weitesten Sinne) von Quantic Dream (Omikron- The Nomad Soul), erschienen 2005. Die Genre- Zuordnung fällt schwer. Man könnte Fahrenheit berechtigterweise einen „Interaktiven Film“ nennen, wenn das nicht so vorbelastet wäre. Für ein Adventure fehlen knackige Rätsel. Für einen interaktiven Film, so wie er meist definiert wird, fehlen echte Schauspieler. Fahrenheit- Erfinder David Cage nennt es ein „interaktives Drama für Erwachsene„. Das trifft es ziemlich gut.

Fahrenheit bietet keinerlei klassische Rätsel. Inventarspielereien und das Kombinieren von Gegenständen sind nicht gefragt. Böse ausgedrückt, geht es lediglich darum, im richtigen Moment die richtigen Tasten zu drücken. Man trifft die Wahrheit aber besser, wenn man es wie folgt ausdrückt: Fahrenheit bietet von der Spielmechanik her, sehr wenig. Das eigentliche Spiel ist auf ein Minimum reduziert, solange bis fast nur Reaktionsspielchen bleiben. Die Faszination liegt in der Art und Weise, wie Fahrenheit seine Charaktere und die Geschichte in den Vordergrund rückt.

Fahrenheit ist trotzdem in keiner Sekunde langweilig, man hat nicht das Gefühl, zum Zuschauen verdammt zu sein, sondern ist gebannt. Zwar nicht allzu lange (geübte Spieler können das Spiel locker an einem Wochenende durchspielen), aber dafür auf konsequent hohem Niveau. Wenn Fahrenheit ein interaktiver Spielfilm ist, dann beweist es, wozu dieses Genre in der Lage ist, wenn man es ernst nimmt und sich Mühe gibt (so wurden die Animationen im Spiel mithilfe des Motion Capture– Verfahrens aufgezeichnet und ins Spiel integriert).

Installiert ihr Fahrenheit wird euch sofort die wunderbare Musik auffallen. Sie wurde komponiert von Angelo Badalamenti, das ist der Herr, der auch die Musik in vielen David Lynch– Filmen macht.

Während der Installation löst ihr ein Quiz (ich hatte 8 von 15 Fragen richtig), welches euch auf die Thematik des Spiels einstimmt: Serienmorde. Nebenbei vertreibt euch das Quiz die Zeit, denn die Installation dauert lange, lasst euch aber davon nicht abschrecken. Mit Fahrenheit habt ihr eines jener wenigen, erwachsenen Spiele erworben, die ihr Geld quasi immer wert sind, allein schon aufgrund der Atmosphäre. Nach der Installation gehts dann auch sofort los, mit einem atmosphärischen Flug über ein verschneites New York. Düstere Grundstimmung, mysteriöse Morde, Polizisten mit eigenen Problemen- und ihr mittendrin, als Getriebener, Verwirrter.

Die Charakterzeichnung ist eine der großen Stärken von Fahrenheit. Ihr spielt im Spiel zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Charaktere, was Fahrenheit für ein paar sehr nette Effekte nutzt. So seid ihr euch zeitweilig selbst auf der Spur. Als Polizist (den ihr spielt) jagt ihr einen unter Mordverdacht stehenden Charakter (den ihr zuvor gespielt habt). Als Mordverdächtiger versucht ihr euch der Festnahme durch die Polizei zu entziehen. Das führt immer wieder zu hochdramatischen Momenten in der Geschichte.

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Schwächer fällt die Grafik aus. Sie ist, gerade aus heutiger Sicht, eher zweckmäßig zu nennen. Für mich ist Grafik aber sekundär. Ich spiele wegen der Geschichte und der Atmosphäre. Und da punktet Fahrenheit und überzeugt auf ganzer Linie.

In den großen Spielemagazinen wurde Fahrenheit meines Wissens nahezu durchgehend gelobt und als herausragend und innovativ beschrieben. Hohe Wertungen blieben aber aus. Zu sehr fiel die kurze Spielzeit und der Mangel an wirklichem „Spielen“ ins Gewicht. Fahrenheit ist neuartig, mutig. Es ist ein Experiment. Als solches eindeutig in Teilen unperfekt. In einem klassischen Wertungssystem lässt sich die Faszination Fahrenheit nicht ausdrücken.

Hauptkaufanreiz soll für die CBS- Zielgruppe wohl Tomb Raider Legend oder der World of Warcraft- Client sein, der beiliegt. Uns interessiert das nicht. Hier geht es um die zweite Vollversion. Wenn ihr auf Lara und Online-Schnetzeleien verzichten könnt: Holt euch die Silberversion der CBS. Die Zeitschrift werft ihr weg.

Möchte euch diesen, etwas übertriebenenen, Artikel auf Stern.de nicht vorenthalten. Dort erfahrt ihr, wenn ihr wollt, etwas mehr über die Story. Ich habe sie hier absichtlich nicht angerissen, weil ich finde, die soll sich jedem selbst erschließen. Fahrenheit wirkt am Besten, wenn man nicht weiß, auf was man sich einlässt.

Auch SpOn berichtete über Fahrenheit: „Endlich werden Geschichten erzählt„. In den populären Medien ist Fahrenheit angekommen. Gut verkauft haben dürfte es sich nicht. In meinem Bekanntenkreis kennen viele Leute das Spiel, aber wenige haben es gespielt und noch weniger empfinden die spezielle Faszination, von der ich hier schreibe.

Fazit: Leider hat Fahrenheit nicht wirklich Nachahmer gefunden, was sicherlich auch an den Verkaufszahlen lag. Scheinbar gibt es für diese Art Spiel keine große Zielgruppe.  Somit ist es wohl eher der letzte große Vertreter eines aussterbenden Genres und nicht der Wegbereiter für etwas Neues (auch wenn Quantic Dream wohl weiterhin diese Art Spiel macht, Heavy Rain sieht Fahrenheit ziemlich ähnlich, wird aber nicht für den PC entwickelt). Ich finde das schade, weswegen ich euch dieses tolle Spiel einfach ans Herz legen muss. In meiner persönlichen Liste herausragender Spiele kommt Fahrenheit an prominenter Stelle vor. Irgendwo in der Nähe von Outcast, Bioshock, Operation Flashpoint oder auch Baldurs Gate (Liste wahllos und sicher unvollständig); alles Spiele, die auf ihre Art für mich besonders sind.

Danke an @nerdzoneblog, der mir durch seine Begeisterung für dieses tolle Spiel zeigte, dass es auch anderen so geht und der mir das Gefühl gab: Es könnte Sinn machen, euch von meiner Sicht des Spiels zu erzählen.