Schöne Sache! Die schwedische Künstlerin Nina Linde hat Porn für Blinde entwickelt. Braille Porn. Obwohl Nina Linde trotz expliziter Darstellung nicht findet, dass man ihre Arbeit als „Porn“ bezeichnen sollte.
„The book is about sexual stimulation, I don’t think ‘porn’ is the right word,“ she told The Local. „And sexual stimulation is for everyone.“
Eigentlich hat Linde das Buch schon 2010 geschaffen, aber erst in dieser Woche wurde es in der Schwedischen Nationalbibliothek vorgestellt.
„The ‘tactile’ tome features X-rated images of a woman wearing a strap-on, gay sex and group sex, and is believed to be the first written material of its kind to offer erotic stimulation to the visually impaired.“
Starten wir gleich mit dem Artikel, der diese Woche mutmaßlich signifikant häufiger geteilt als gelesen wurde: Host von David Foster Wallace, internetfein gemacht von The Atlantic. Da Wallace eine Vorliebe für Fußnoten (und Fußnoten in Fußnoten!) hatte, war das nötig. Muss ich selbst erst noch lesen, bei Wallace macht man aber nichts verkehrt, wenn man ihn empfiehlt.
Triggerwarnungen oder Safe Spaces sind kein übertriebenes „political correctness“-Geschwätz, sondern logische Entwicklung, daraus folgend, dass wir heutzutage posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und Trauma viel besser verstehen, schreibt Jeet Heer in Stress Test.
Mir war William Horton bisher kein Begriff, aber vor 30 Jahren hat der Fall die Gemüter in den USA erhitzt. Bis heute fahren Politiker, was Sträflinge und Hafturlaub angeht, besser eine harte Schiene, egal ob Republikaner oder Republikaner. Alles wegen Horton, der Präsidentschaftswahl 1988 und so gewieften wie skrupellosen Beratern: Willie Horton Revisited.
The Spectacular Flight and Rough Landing of the Freedom Jumpers hat den Prozess dreier Base Jumper begleitet, die 2013 vom noch in Bau befindlichen One World Trade Center gesprungen sind und daraufhin verhaftet wurden. Den Freedom Jumpers drohen viele Jahre Gefängnis, sogar ihrem Fahrer! Es wirkt, als solle an ihnen ein Exempel statuiert werden. Aber warum eigentlich? Ist ihr Base-Jump nicht ein Verbrechen ohne Opfer bzw. eine Opferlose Straftat?
Leider bin ich derzeit nicht up-to-date, aber Saga von Brian K. Vaughan und Fiona Staples ist seit Jahren einer der besten Comics überhaupt, vielleicht der beste im „Mainstream“. Nachdem ihr How Brian K. Vaughan Builds Epic Stories gelesen habt, wisst ihr auch, warum das kein Zufall ist.
Queers Read This, ein Flyer, den die Queer Nation 1990 auf der New York Gay Pride Parade verteilt hat.
Wieviele Videos und Bilder von Morden und tödlichen Unfällen habt ihr schon gesehen im Leben? Von Rotten bis zu ISIS oder Walter Scott – das Internet ist voll davon. Death in the Browser Tab beschäftigt sich damit, was es für Auswirkungen hat, dass der Tod uns auf die Art einerseits näher rückt, in unseren Alltag eindringt, zugleich aber auch fremder und anonymer wird, uns unwirklicher vorkommt.
By Reason of Insanity erzählt die spannende Geschichte von Daniel Sickles, der 1859 den Geliebten seiner Ehefrau mit drei Pistolen erschossen hat und dann als Erster in den USA erfolgreich auf Unzurechnungsfähigkeit plädierte.
Rowan Cota, darüber, wieso sie über ihre Vergewaltigung nicht offen sprechen kann: A follow up to „We are not things“. Falls euch mal wieder jemand erzählen will, dass Rape Culture nicht existiere, jedenfalls nicht hier usw. – Sie existiert, sie wirkt, wir sind Teil davon und sie lässt Menschen nicht offen reden.
FEMEN sind aus vielen Gründen kritisch zu betrachten bzw. abzulehnen, einer davon, dass sie „imperialistischer Feminismus“ sind, der die Leistungen vieler afrikanischer Aktivistinnen, die lange vor ihnen bereits erfolgreich Nacktheit als Mittel des Protests nutzen, ignoriert und unsichtbar macht. Bodies That Matter: The African History of Naked Protest, FEMEN Aside
Ein schwedischer Designer hat einen Vorschlag für eine Flagge der Erde gemacht. Geht so. Aber mir gefällt der Idealismus, der dahinter steckt.
Der Spieleentwickler Mac Cauley hat für den Oculus‘ Mobile VR Jam 2015 ein in 3D begehbares Gemälde von van Gogh geschaffen: The Night Café. Sehr cool, Virtual Reality ist hochinteressant aktuell.
Richard Prince verkauft ausgedruckte Screenshots von anderer Leute Instagram-Fotos als Kunst. Nach geltenden Gesetzen (fair use) ist das wahrscheinlich legal, weil Prince den Bildern jeweils einen eigenen Kommentar hinzufügt. Gelungene Provokation und ein wichtiger Kommentar zu Copyright-Foo oder glatter Diebstahl? Ich finde „New Portraits“ eher gelungen, lest aber unbedingt auch Richard Prince Sucks, in dem wichtige Kritikpunkte formuliert werden.
In Like the Force, Copyright Law is About Balance macht sich Casey Rae Gedanken über Copyright bzw. Urheberrecht und wie es beschaffen sein müsste, damit tatsächlich Urheber davon profitieren und Kunst schaffen incentiviert wird. Kein langer Artikel, aber recht ausgewogen.
Nicht die Algorithmen sind das Problem, sondern die Gesellschaften, die sie entwickeln, behauptet You Can’t Handle the (Algorithmic) Truth. Ich bin geneigt, dem zuzustimmen. Auch, weil ich letztens erst einen Artikel gelesen habe, der in eine ganz ähnliche Richtung zielt: From Mega-Machines to Mega-Algorithms. Gerede von „algorithmischer Verantwortlichkeit“ verkennt die eigentlichen Probleme.
Wenn man einmal anfängt, sich darüber Gedanken zu machen, was Farben eigentlich sind und wie jeder Einzelne sie verschieden wahrnimmt, wird es schnell wunderbar komplex: Does Color Even Exist?
Letzte Woche gab’s keine Links, da war ich in Stockholm. Diese Woche bin ich auch nicht allzuviel zum Lesen gekommen, aber ein paar interessante Links habe ich doch für euch.
Mir war Cicada 3301 bisher unbekannt, aber die Geschichte dahinter ist filmreif. 2012 tauchen erstmals geheimnisvolle Rätsel im Internet aus, gestreut von einer geheimnisvollen Gruppe(?), die bald Cicada 3301 genannt wurde. Niemand weiß warum, aber ein paar Kids machen sich daran, den Code zu knacken. Cicada: Solving the Web’s Deepest Mystery.
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Ein Longread, aber unbedingt lesenswert. Kennt ihr John M. Chowning, den „Vater“ digitaler Synthesizer? Falls nicht: The Father of the Digital Synthesizer.
Interessant, wie grad viele Ideen aus den 60er und 70ern ein Revival erfahren. Über Fully automated luxury communism hat schon Robert Anton Wilson viel nachgedacht. Immer noch ein interessanter und optimistischer Gedanke.
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Etwas Kunst darf natürlich nicht fehlen. „The poetry film Was Being Moved? (2011) takes the form of a series of postcards to a “Mr. Parade,” interspersed with vignettes of public rituals and street life in Chicago, New York City, and Taiwan. It features music composed and played by Taiwanese musician Yujun Wang.“ Schön poetisch. Erinnert mich an was, aber ich komme nicht drauf.
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Es wird eine Dokumentation über Leonard Nimoy bzw. Spock geben: For the Love of Spock wird von seinem Sohn Adam Nimoy produziert und gedreht.
Außerdem war am 20. März Sonnenfinsternis. Konnte ich dank Bewölkung sogar ziemlich gut beobachten. Die Band Hamferð von den Färöer Inseln hat diese Chance genutzt und ein ziemlich sehenswertes Video zum Song Deyðir Varðar gedreht.
Genialer Service. Eine gute Website sollte so aufgebaut sein, dass sogar ein betrunkener User sie versteht. Für 250 EUR (der Preis ist in der letzten Woche stark angestiegen) testet ein UX-Experte sie für euch. Betrunken. The user is drunk.
Wieder mal ein Kunsttipp: Simon Stalenhag malt ein dystopisches Schweden mit Robotern, Dinosauriern, Kindern mit Waffen und abgestürzten Raumschiffen und das irgendwie unterkühlt, aber naturalistisch. Seine Bilder fordern den Rezipienten heraus. Den Kontext muss man sich anhand der verstörenden Momentaufnahmen denken.
Was sind das für riesenhafte Gebilde im Hintergrund und warum stören sie offenbar niemanden? Wer hat die Silos(?) entworfen, dass sie so gar nicht in die Landschaft passen?
Was ist hier passiert? Und wieder: Warum zur Hölle fällt niemandem auf, wie seltsam das ist?
Last, but not least: Ist das ein Kampfroboter? Warum hat der Junge eine Waffe in der Hand. Hoffentlich macht er nichts Dummes. (Das Bild heißt übrigens Akersnuten, schwedisch für: Playing Cops, also Polizisten spielen, Spielende Polizisten und ist das bisher neueste Werk von Stalenhag.)
Unbedingt angucken. Stalenhags Kunst erinnert mich irgendwie sehr an Edward Hopper. Erstellt werden die Gemälde übrigens digital mit einem Wacom-Tablet. Falls ihr berechtigterweise das Gefühl habt, die Bilder wirken recht konsistent, als wüsste Stalenhag welche Realität er zeichnet: Er hat den Hintergrund seiner Welt in einem Text dargelegt, leider in Schwedisch.