Schlagwort-Archive: urheberrecht

Neurales Netz rekonstruiert Blade Runner

Jemand hat einem Neuralen Netzwerk beigebracht, den Filmklassiker Blade Runner, nach dem Roman von Philip K. dick, zu gucken und dann irgendwie neu zu interpretieren. Wer sich für die Hintergründe interessiert, lese diesen langen Artikel, der alles erklärt: Autoencoding Blade Runner.

Das finde ich allein schon ziemlich interessant. Maschinenlernen und so. Aber das Lustigste: Warner, die die Rechte an Blade Runner besitzen, haben versucht, das Video von Vimeo entfernen lassen, weil sie die Rekonstruktion für echt gehalten haben. Oder, in anderen, besseren Worten:

„Warner had just DMCA’d an artificial reconstruction of a film about artificial intelligence being indistinguishable from humans, because it couldn’t distinguish between the simulation and the real thing.“

Scheint nicht geklappt zu haben, das Video ist soweit ich das sehe noch da.

Ist aber auch eine weitere, schwierige Frage, wenn es um Copyright und so geht: Wer hat die Rechte an dem Video? Können Neurale Netzwerke neue Werke schöpfen? Usw.

(via)

ti_leos Links der Woche (KW 21)

Herzlich willkommen zu meinen Links der Woche.

ti_leos Links der Woche KW 21

Starten wir gleich mit dem Artikel, der diese Woche mutmaßlich signifikant häufiger geteilt als gelesen wurde: Host von David Foster Wallace, internetfein gemacht von The Atlantic. Da Wallace eine Vorliebe für Fußnoten (und Fußnoten in Fußnoten!) hatte, war das nötig. Muss ich selbst erst noch lesen, bei Wallace macht man aber nichts verkehrt, wenn man ihn empfiehlt.

Der Wettlauf um Asteroiden und Co. ist nah: The US has space experts worried about an extra-terrestrial land grab.

Triggerwarnungen oder Safe Spaces sind kein übertriebenes „political correctness“-Geschwätz, sondern logische Entwicklung, daraus folgend, dass wir heutzutage posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und Trauma viel besser verstehen, schreibt Jeet Heer in Stress Test.

Mir war William Horton bisher kein Begriff, aber vor 30 Jahren hat der Fall die Gemüter in den USA erhitzt. Bis heute fahren Politiker, was Sträflinge und Hafturlaub angeht, besser eine harte Schiene, egal ob Republikaner oder Republikaner. Alles wegen Horton, der Präsidentschaftswahl 1988 und so gewieften wie skrupellosen Beratern: Willie Horton Revisited.

The Spectacular Flight and Rough Landing of the Freedom Jumpers hat den Prozess dreier Base Jumper begleitet, die 2013 vom noch in Bau befindlichen One World Trade Center gesprungen sind und daraufhin verhaftet wurden. Den Freedom Jumpers drohen viele Jahre Gefängnis, sogar ihrem Fahrer! Es wirkt, als solle an ihnen ein Exempel statuiert werden. Aber warum eigentlich? Ist ihr Base-Jump nicht ein Verbrechen ohne Opfer bzw. eine Opferlose Straftat?

Leider bin ich derzeit nicht up-to-date, aber Saga von Brian K. Vaughan und Fiona Staples ist seit Jahren einer der besten Comics überhaupt, vielleicht der beste im „Mainstream“. Nachdem ihr How Brian K. Vaughan Builds Epic Stories gelesen habt, wisst ihr auch, warum das kein Zufall ist.

Queers Read This, ein Flyer, den die Queer Nation 1990 auf der New York Gay Pride Parade verteilt hat.

Wieviele Videos und Bilder von Morden und tödlichen Unfällen habt ihr schon gesehen im Leben? Von Rotten bis zu ISIS oder Walter Scott – das Internet ist voll davon. Death in the Browser Tab beschäftigt sich damit, was es für Auswirkungen hat, dass der Tod uns auf die Art einerseits näher rückt, in unseren Alltag eindringt, zugleich aber auch fremder und anonymer wird, uns unwirklicher vorkommt.

By Reason of Insanity erzählt die spannende Geschichte von Daniel Sickles, der 1859 den Geliebten seiner Ehefrau mit drei Pistolen erschossen hat und dann als Erster in den USA erfolgreich auf Unzurechnungsfähigkeit plädierte.

Are we bingeing on mixed-race beauty to feel better about racism?

Überschätzen wir die Möglichkeiten von Gentechnik, besonders von Genomik? Weighing The Promises Of Big Genomics sagt ja.

Rowan Cota, darüber, wieso sie über ihre Vergewaltigung nicht offen sprechen kann: A follow up to „We are not things“. Falls euch mal wieder jemand erzählen will, dass Rape Culture nicht existiere, jedenfalls nicht hier usw. – Sie existiert, sie wirkt, wir sind Teil davon und sie lässt Menschen nicht offen reden.

Passend dazu: The Mary Sue Will No Longer Promote HBO’s Game of Thrones

FEMEN sind aus vielen Gründen kritisch zu betrachten bzw. abzulehnen, einer davon, dass sie „imperialistischer Feminismus“ sind, der die Leistungen vieler afrikanischer Aktivistinnen, die lange vor ihnen bereits erfolgreich Nacktheit als Mittel des Protests nutzen, ignoriert und unsichtbar macht. Bodies That Matter: The African History of Naked Protest, FEMEN Aside

Ein schwedischer Designer hat einen Vorschlag für eine Flagge der Erde gemacht. Geht so. Aber mir gefällt der Idealismus, der dahinter steckt.

Apropos Schweden: Other People’s Playlists ist ein richtig guter Artikel über Spotify. Inklusive einer Art The Wiki Game für Spotify.

Isaac Asimov on “How Do People Get New Ideas?” (1959)

Der Spieleentwickler Mac Cauley hat für den Oculus‘ Mobile VR Jam 2015 ein in 3D begehbares Gemälde von van Gogh geschaffen: The Night Café. Sehr cool, Virtual Reality ist hochinteressant aktuell.

Richard Prince verkauft ausgedruckte Screenshots von anderer Leute Instagram-Fotos als Kunst. Nach geltenden Gesetzen (fair use) ist das wahrscheinlich legal, weil Prince den Bildern jeweils einen eigenen Kommentar hinzufügt. Gelungene Provokation und ein wichtiger Kommentar zu Copyright-Foo oder glatter Diebstahl? Ich finde „New Portraits“ eher gelungen, lest aber unbedingt auch Richard Prince Sucks, in dem wichtige Kritikpunkte formuliert werden.

In Like the Force, Copyright Law is About Balance macht sich Casey Rae Gedanken über Copyright bzw. Urheberrecht und wie es beschaffen sein müsste, damit tatsächlich Urheber davon profitieren und Kunst schaffen incentiviert wird. Kein langer Artikel, aber recht ausgewogen.

Nicht die Algorithmen sind das Problem, sondern die Gesellschaften, die sie entwickeln, behauptet You Can’t Handle the (Algorithmic) Truth. Ich bin geneigt, dem zuzustimmen. Auch, weil ich letztens erst einen Artikel gelesen habe, der in eine ganz ähnliche Richtung zielt: From Mega-Machines to Mega-Algorithms. Gerede von „algorithmischer Verantwortlichkeit“ verkennt die eigentlichen Probleme.

In Neuseeland ist am 12. Mai ein Gesetz in Kraft getreten, nachdem Tiere „sentient beings“ sind, also „fühlende Wesen“ (wie Menschen). Klingt nicht radikal, ist es aber leider. Warum ist das Thema wichtig? Hier eine kurze Einführung: Should Animals Have Human Rights?, erklärt mit Pokemon!

Wenn man einmal anfängt, sich darüber Gedanken zu machen, was Farben eigentlich sind und wie jeder Einzelne sie verschieden wahrnimmt, wird es schnell wunderbar komplex: Does Color Even Exist?

Los Angeles City will bis 2020 den Mindestlohn von derzeit 9$ schrittweise auf 15$ erhöhen. Für 15$ kann man sich aber jetzt schon das Wohnen dort nicht mehr leisten: Every Single Part of Los Angeles is Unaffordable on $15/Hour

Weil @nulipan in dieser Woche erst ein kleiner Vogel vor die Füße geplumpst ist, den sie dann zu einer Vogelaufzuchtstation gebracht hat: What to Do When You Find a Baby Bird on the Ground.

Der weiteste Sprung der Welt mit einem „Auto“, von Tanner Foust über 101 Meter:

Die Playlist zu den Links:

(eigentlich das ganze Album)

Anti-Piracy-Gruppe BREIN mahnt Seiten ab, die Untertitel für Filme anbieten

Die niederländische Anti-Piracy-Gruppe BREIN mahnt Seiten ab, die Untertitel anbieten. Da frag ich mich schon, wie das ernsthaft irgendwelche Urheberrechte verletzen kann. Und in Großbritannien geht man offenbar wieder mal verstärkt gegen Lyrics-Seiten vor. M(

So ein Keese – Mehr als genug Gründe, warum Blogger gegen das Leistungsschutzrecht sein sollten

Jaja, das Leistungsschutzrecht, eigentlich wurde schon genug dazu geschrieben, oder? Nein, natürlich nicht, sonst wäre das Ding schon lang tot. Wieso diese Schnapsidee jetzt tatsächlich als Gesetzesentwurf vorliegt und von einigen Gestalten hoffnungslos verteidigt wird, erschließt sich mir nicht, allerdings wurde bereits darauf hingewiesen, dass das den Gegnern des Leistungsschutzrechts unter Umständen sogar in die Hände spielt. Insofern soll es mir Recht sein, dass der allseits geschätzte Christoph Keese nun einen Artikel geschrieben hat, in dem er uns, den Bloggern, erklärt, wieso Blogger das Leistungsschutzrecht nicht fürchten brauchen. Allerdings beweist der Artikel einmal mehr, dass Keese keine Ahnung davon hat, wie Blogger leben, arbeiten und ticken.

Es geht sofort los mit dem Punkt: 1. Blogger können mit dem Leistungsschutzrecht Geld verdienen. Tja, fein, aber Thema verfehlt. Blogger können, wenn sie das wollen, bereits jetzt auf vielfältige Weise Geld verdienen. Vielleicht nicht genug zum leben, aber sei es drum. Die Mehrheit der Blogger findet das meiner Wahrnehmung nach schon ok so und ist gegen das Leistungsschutzrecht und hat generell viel weniger als „Verleger“ das Gefühl, nicht gut genug geschützt zu sein. Eher im Gegenteil: Viele Blogger würden sicherlich besser schlafen, wenn Dinge wie „Fair Use“ in Deutschland etwas lauter und intensiver durchdacht werden würden. Auch wenn auch sie, am Ende einer langen Verwertungskette, von einem LSR profitieren und ein paar Brosamen aufpicken könnten. Drauf geschissen, das LSR ist nicht für Blogger gemacht, sondern es wird ihnen Schaden verursachen! Es hat Gründe, dass wir lieber Blogs führen, als unsere Texte auszudrucken und offline zu verteilen. Geld ist da eher nicht zentral. ^^

2. Das Recht auf kostenloses Zitat bliebt voll erhalten. Na was bin ich froh! Kann ich also auch zukünftig so Texte wie den hier schreiben, ohne erst den Herr Keese um eine Lizenz bitten zu müssen? Dann gibts ja nix mehr zu kritisieren, immerhin bleibt das Zitatrecht gültig. Hier werden Selbstverständlichkeiten als positiv verkauft. Dass das Zitatrecht nicht außer Kraft gesetzt wird, spricht nicht für ein Leistungsschutzrecht. Dass es überhaupt der Klarstellung bedarf, zeugt viel mehr von einer Bedrohung der gewohnten Regelungen, da das Zitatrecht nicht alles abdeckt, was im täglichen Leben im Netz ganz normal ist. Linklisten ohne Kommentare oder mit ganz kurzen Kommentaren beispielsweise. Oder Pingbacks, in denen ein kleiner Teil des Artikels angeteasert wird. Das ist eine Pseudo-Beruhigung. Was jetzt ganz normal ist, wird zukünftig im besten Fall zur Grauzone werden, es scheint aber sogar angedacht zu sein, allein schon das Twittern eines Links kosten. Genau wie der nächste Punkt:

3. Nur wer gewerblich aggregiert, ohne selbst zu schreiben, braucht eine Lizenz. Jaja, die Gewerblichkeit, immer so ein Zankapfel. Ist ein Blog gewerblich, wenn ich dort ein paar Google Ads schalte, um die Kosten wieder rein zu holen? Ist mein Blog gewerblich, wenn ich dank Flattr Achteurofuffzig im Monat mit meinem Geschreibsel verdiene? Das ist rechtlich alles recht vage und unklar und das ist, ob Keese es weiß oder nicht, für Blogger immer ein Problem. Was unklar ist, wird abgemahnt, quasi ein Naturgesetz. Deswegen ist ja einer der wichtigsten Kritikpunkte am LSR nicht primär der Inhalt, sondern die Folgen, die seine Befürworter offenbar nicht sehen. Befürchtet wird, aus meiner Sicht absolut nachvollziehbarerweise, eine Abmahnflut.

4. Wer privat bloggt, muss überhaupt nichts für das Leistungsschutzrecht bezahlen. Ja nun, das ist ein Pseudoargument. Wer privat bloggt, braucht auch kein Impressum und trotzdem braucht jeder eines, weil es nahezu unmöglich ist, in Deutschland mit absoluter Sicherheit privat zu bloggen. Weswegen ich mir hier, in meinem privaten Blog, auch nicht einbilde, rechtlich tatsächlich unter „privat“ zu fallen, sondern ich muss sicherheitshalber davon ausgehen, als „gewerblich“ gelten zu können. Zukünftig zittere ich also bei jedem Link, den ich nicht lizensieren lasse (wofür selbstverständlich neben der Lust vorallem das Geld fehlt), nur weil Springer und Co. die Kommerzialisierung von jedwedem Content vorantreiben wollen. Nö! Überzeugt mich nicht.

Viele Dinge erwähnt Keese wohlweislich nicht. Dass ihn beispielsweise schon die Frage der praktischen Umsetzbarkeit in die Bredouille bringen konnte, da die Unmenge an nötigen Lizensierungen ein bürokratischer Alptraum werden würde:

Naja, da sowieso gefühlt niemand außer irgendwelchen Springer-Hanseln für ein Leistungsschutzrecht ist (wobei mich, wie gesagt, wirklich wundert, wie es überhaupt soweit kommen konnte, wenn es doch kein vernünftiger Mensch will), lässt es tatsächlich nicht als sehr gefährlich erscheinen. Es wird so oder so eine Totgeburt. Dazu müssen wir allerdings beitragen, was wir können. Durch Artikel dagegen, durch Boykotte, indem wir anderen erklären, wieso die Idee Mist ist. Halt alles das, was wir sonst auch tun, wenn uns jemand sinnlos in unseren Rechten beschneiden und dazu noch für dumm verkaufen möchte.

Kleines Update: Der Jens Scholz hat ein paar gute Ideen und gibt Ausblicke, die unsereins beruhigen, hier nicht verlinkte Herrschaften mit ihren Blogartikeln selben Titels aber wohl eher nicht so.

Bethlehem muss eigenen Song von Myspace-Seite entfernen

Gnihihi- für alle Befürworter des momentanen Urheberrechts:

Die Metalband Bethlehem muss ihren eigenen Song „Schuld unsres knoechrigen Faltpferds“ von ihrer Myspace- Seite nehmen, weil sie gegen Urheberrechte verstoßen haben. Ansonsten wäre im Extremfall sogar die Sperrung der eigenen Bandpage riskiert worden. Absurd? Na aber! Lustig? Nur bedingt.

Die Band selbst scheint das auch nicht wahnsinnig toll zu finden, wie man ihrem auf Metalcon.de zitierten Statement entnehmen kann.

Tja, es ist einmal mehr offensichtlich, dass bezüglich Urheberrecht nicht alles perfekt ist, wie es ist. Solche Fälle sollten allen klar machen, dass eine Novellierung des Urheberrechts dem Künstler nicht schaden soll, sondern nützen.

Wie das dann aussehen soll, darüber muss man weiter diskutieren. Dass es nötig ist, steht außer Frage.