Hahaha, ich musste sehr lachen. Und natürlich auch nicht. Knochentrocken extrapoliert.
Evolutionsbiologie und Archäologie sind oft genug nur deshalb interessante Wissenschaftszweige, weil man in ihnen den Gender Bias so deutlich beobachten kann.
Was ’ne Woche! Zu spät dran, aber aus Gründen. Trotzdem hin und wieder zum Lesen gekommen. Meine Highlights:
What is Code? – Gar nicht viele Worte, der Artikel trackt sogar euren Lesefortschritt. Warum wir alle coden können müssen. Ganz großes Kino!
The Riflemaker Dreams of Africa ist einfach ’ne tolle Story. Als solche behandelt sie ein mir zutiefst fremdes Thema, nämlich die Faszination von Waffen und der Jagd, aber so, dass ich es nachvollziehen kann.
The City Where the Sirens Never Sleep ist von 2008, aber fast jeden Satz will man zitieren, weil er zitierfähig ist. Detroit ist so unfassbar kaputt, ich beobachte das gespannt.
Am 13. Juni 1995 ist „Jagged Little Pill“ von Alanis Morissette erschienen, übrigens nicht ihr Debut. Sie hatte vorher schon zwei andere Alben veröffentlicht, die heute aber kein Mensch mehr kennt. Jagged Little Pill ist ein sehr wichtiges Album, nicht nur für mich. Jagged Little Pill at 20: A Roundtable erklärt genauer, warum das Album so besonders ist; Alanis in Chains erzählt die spannende Geschichte, wie aus Alanis, dem kanadischen Popsternchen aus der Retorte, Alanis Morissette, Stimme einer Generation, werden konnte.
Officer Involved uses databases on police brutality compiled by the Guardian to present the problem in a new way.
„Without consciousness the mind-body problem would be much less interesting. With consciousness it seems hopeless.“ Philosophie! Auch alt (1974), aber gut. What is it like to be a bat? (pdf) von Thomas Nagel.
Das ist hübsch: The Secret Life of Passwords. Menschen sind schlecht darin, sich Passwörter zu merken. Daher verraten die ziemlich viel über Menschen. Was sagen eure Passwörter über euch aus? Wüsste das tatsächlich gern, bzw. wüsste gern zumindest das System, nach dem ihr vorgeht, denn ein System habt ihr ziemlich sicher.
GamerGate stinkt, aber manchmal vergisst man das Positive angesichts solcher Scheißigkeit. The Legendary Adventures of a Fearless Girl Gamer betrachtet die Sache letztlich genauso, aber aus einer etwas anderen Perspektive.
Noch so ein Aufreger der vergangenen Woche: Tim Hunt’s sexistische Äußerungen über Wissenschaftlerinnen. Das Problem ist aber nicht nur offener Sexismus, sondern auch ein weniger offensichtliches: The unseen women scientists behind Tim Hunt’s Nobel prize.
„102,000 people, 4 million minutes, 67,000 hours, 2,800 days, 400 weeks or 7.5 years worth of data-sharing. Whatever way you look at it, we have the world’s most comprehensive survey of drug use“ – The Global Drug Survey 2015 findings.
Design: Mass transit agencies around the world face the same conundrum: How to make what amounts to four straight lines distinctive. – 77 Ways to Design the Letter ‚M‘.
Starten wir gleich mit dem Artikel, der diese Woche mutmaßlich signifikant häufiger geteilt als gelesen wurde: Host von David Foster Wallace, internetfein gemacht von The Atlantic. Da Wallace eine Vorliebe für Fußnoten (und Fußnoten in Fußnoten!) hatte, war das nötig. Muss ich selbst erst noch lesen, bei Wallace macht man aber nichts verkehrt, wenn man ihn empfiehlt.
Triggerwarnungen oder Safe Spaces sind kein übertriebenes „political correctness“-Geschwätz, sondern logische Entwicklung, daraus folgend, dass wir heutzutage posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und Trauma viel besser verstehen, schreibt Jeet Heer in Stress Test.
Mir war William Horton bisher kein Begriff, aber vor 30 Jahren hat der Fall die Gemüter in den USA erhitzt. Bis heute fahren Politiker, was Sträflinge und Hafturlaub angeht, besser eine harte Schiene, egal ob Republikaner oder Republikaner. Alles wegen Horton, der Präsidentschaftswahl 1988 und so gewieften wie skrupellosen Beratern: Willie Horton Revisited.
The Spectacular Flight and Rough Landing of the Freedom Jumpers hat den Prozess dreier Base Jumper begleitet, die 2013 vom noch in Bau befindlichen One World Trade Center gesprungen sind und daraufhin verhaftet wurden. Den Freedom Jumpers drohen viele Jahre Gefängnis, sogar ihrem Fahrer! Es wirkt, als solle an ihnen ein Exempel statuiert werden. Aber warum eigentlich? Ist ihr Base-Jump nicht ein Verbrechen ohne Opfer bzw. eine Opferlose Straftat?
Leider bin ich derzeit nicht up-to-date, aber Saga von Brian K. Vaughan und Fiona Staples ist seit Jahren einer der besten Comics überhaupt, vielleicht der beste im „Mainstream“. Nachdem ihr How Brian K. Vaughan Builds Epic Stories gelesen habt, wisst ihr auch, warum das kein Zufall ist.
Queers Read This, ein Flyer, den die Queer Nation 1990 auf der New York Gay Pride Parade verteilt hat.
Wieviele Videos und Bilder von Morden und tödlichen Unfällen habt ihr schon gesehen im Leben? Von Rotten bis zu ISIS oder Walter Scott – das Internet ist voll davon. Death in the Browser Tab beschäftigt sich damit, was es für Auswirkungen hat, dass der Tod uns auf die Art einerseits näher rückt, in unseren Alltag eindringt, zugleich aber auch fremder und anonymer wird, uns unwirklicher vorkommt.
By Reason of Insanity erzählt die spannende Geschichte von Daniel Sickles, der 1859 den Geliebten seiner Ehefrau mit drei Pistolen erschossen hat und dann als Erster in den USA erfolgreich auf Unzurechnungsfähigkeit plädierte.
Rowan Cota, darüber, wieso sie über ihre Vergewaltigung nicht offen sprechen kann: A follow up to „We are not things“. Falls euch mal wieder jemand erzählen will, dass Rape Culture nicht existiere, jedenfalls nicht hier usw. – Sie existiert, sie wirkt, wir sind Teil davon und sie lässt Menschen nicht offen reden.
FEMEN sind aus vielen Gründen kritisch zu betrachten bzw. abzulehnen, einer davon, dass sie „imperialistischer Feminismus“ sind, der die Leistungen vieler afrikanischer Aktivistinnen, die lange vor ihnen bereits erfolgreich Nacktheit als Mittel des Protests nutzen, ignoriert und unsichtbar macht. Bodies That Matter: The African History of Naked Protest, FEMEN Aside
Ein schwedischer Designer hat einen Vorschlag für eine Flagge der Erde gemacht. Geht so. Aber mir gefällt der Idealismus, der dahinter steckt.
Der Spieleentwickler Mac Cauley hat für den Oculus‘ Mobile VR Jam 2015 ein in 3D begehbares Gemälde von van Gogh geschaffen: The Night Café. Sehr cool, Virtual Reality ist hochinteressant aktuell.
Richard Prince verkauft ausgedruckte Screenshots von anderer Leute Instagram-Fotos als Kunst. Nach geltenden Gesetzen (fair use) ist das wahrscheinlich legal, weil Prince den Bildern jeweils einen eigenen Kommentar hinzufügt. Gelungene Provokation und ein wichtiger Kommentar zu Copyright-Foo oder glatter Diebstahl? Ich finde „New Portraits“ eher gelungen, lest aber unbedingt auch Richard Prince Sucks, in dem wichtige Kritikpunkte formuliert werden.
In Like the Force, Copyright Law is About Balance macht sich Casey Rae Gedanken über Copyright bzw. Urheberrecht und wie es beschaffen sein müsste, damit tatsächlich Urheber davon profitieren und Kunst schaffen incentiviert wird. Kein langer Artikel, aber recht ausgewogen.
Nicht die Algorithmen sind das Problem, sondern die Gesellschaften, die sie entwickeln, behauptet You Can’t Handle the (Algorithmic) Truth. Ich bin geneigt, dem zuzustimmen. Auch, weil ich letztens erst einen Artikel gelesen habe, der in eine ganz ähnliche Richtung zielt: From Mega-Machines to Mega-Algorithms. Gerede von „algorithmischer Verantwortlichkeit“ verkennt die eigentlichen Probleme.
Wenn man einmal anfängt, sich darüber Gedanken zu machen, was Farben eigentlich sind und wie jeder Einzelne sie verschieden wahrnimmt, wird es schnell wunderbar komplex: Does Color Even Exist?
Welcome back! Letzte Woche zuviel des Guten, hm? Ich werde versuchen, mich dieses Mal stärker zu beschränken!
Die Büroklammer ist ein Objekt, über das man nur selten nachdenkt. Lohnt sich aber. Sie wurde 1899 designt und das gleich so perfekt, dass sie bis heute nicht verbessert wurde. Auch sonst ist die Geschichte der Büroklammer spannendes Lesefutter.
Into the body off another ist ein schockierender Text über die fragwürdige, in den USA nicht unübliche Praxis, Frauen, die während der Schwangerschaft Drogen konsumieren, ins Gefängnis zu stecken und ihnen ihre Kinder wegzunehmen.
Bienen geht es schlecht Kann die Wissenschaft Bienen verbessern oder brauchen wir bald Roboterbienen? Building Bees
Seit Jahrzehnten an vorderster Front im Kampf gegen die NSA? Bibliothekarinnen! Librarians Versus the NSA
Wie das Spiel No Man’s Sky versucht, ein ganzes Universum zu simulieren: World without end
Das jahrzehntelange Verbot von Forschung an und mit Cannabis führt dazu, dass es jetzt zwar endlich legalisiert wird, man aber immer noch viel zu wenig über Chancen und Risiken weiß. The Great Pot Experiment
Anhänger der Tea Party, wie Paul Gosar, glauben viel beklopptes Zeug. Intelligentes Design, Regierungsverschwörungen, „Homoheilung“,“Impfkritik“, Obama ist ein Sozialist und sowieso kein Ami und der Klimawandel eine Lüge – alles gut und schön, darüber kann man diskutieren.
Aber Chemtrails sind selbst denen zu großer Quatsch. Daher gelingt es Gosar leider nicht, die anwesenden Chemtrails-Gläubigen mit tatsächlich vernünftigen Argumenten zu überzeugen. „We don’t need Science!“ kommt prompt deren ehrliche Antwort. „We all are aware that geo-engineering and solar radiation management is going on worldwide.“
„Many of us, many citizens, we’re up to millions, right now, globally, who have researched this. There is people all around the world testing their blood, the soil, snow, rainwater. And aluminum, barium, and strontium is not just on the rise, it’s off the charts! It’s extremely concerning, it’s coming from somewhere, it’s global, and the only way that can happen is if it’s airborne. We want it investigated!“
Mir passiert sowas eher selten, aber man liest immer wieder davon, dass Menschen einander fragen: Und was unterscheidet deine geliebte Relativitätstheorie nun von meiner Theorie, dass der 11. September ein Inside-Job war?
Die Antwort ist so gut wie nie:
For a theory to be scientific, it needs to do several things: it has to explain some aspect of the world around us; it has to be supported by evidence; and it has to make predictions about other aspects of the world that we can measure or observe. If it does these three things then it qualifies as a scientific theory. This does not mean that it is the absolute truth or the final word on the matter. But it does mean we are able to elevate it above the status of mere ‚opinion‘.
Ach Wissenschaftsbetrieb: Offenbar sind die Prüfmechanismen für wissenschaftliche Papers nicht allzu strikt. Anders ist es kaum zu erklären, dass der französische Wissenschaftler Cyril Labbé über 120 Papers gefunden hat, die von Computerprogrammen erstellt wurden und eigentlich totaler „Gibberish“ sind. Betroffen ist unter anderem Springer, laut eigener Aussage der „international führende Wissenschaftsverlag“.
Die meisten Papers wurden mit einem Programm namens SCIgen erstellt und lassen sich eigentlich leicht entdecken. Trotzdem tauchten diese Papers sogar in Publikationen auf, die angeblich peer-reviewed wurden, also von unabhängigen Gutachtern geprüft wurden. Teils nutzen Wissenschaftler Fake-Papers offenbar, um die Anzahl an Schriften zu erhöhen, in denen ihre Arbeiten zitiert werden. Aus der Anzahl an Fußnoten in anderen Papers errechnet sich der sogenannte h-index und der ist sowas wie ein interner Schwanzvergleich im Wissenschaftsbetrieb, wenn ich das richtig verstehe.
Auf BBC Radio 4 gibt es offenbar eine Wissenschaftssendung mit dem tollen Namen „The Infinite Monkey Cage„. In der aktuellen Episode „Through the Doors of Perception“ (angelehnt an „The Doors of Perception“ von Huxley) geht es um Bewusstsein und Wahrnehmung. Wäre an sich schon spannend, hätte ich aber wohl nicht verbloggt, wenn nicht Alan Moore (Autor von tollen Comics wie Watchmen, Lost Girls oder From Hell und eine Ikone der Subkultur) zu Gast wäre. Moore erzählt was über den Zusammenhang von Kunst, Magie und Bewusstsein. Klingt strange, ich muss es mir selbst noch anhören, aber in der Regel hat Moore durchaus was zu sagen und es lohnt sich ihm zuzuhören. (via)
Der Wolkenkratzer soll bis zu 20 Kilometer hoch sein und damit in die Stratosphäre reichen, „Wolkenkratzer“ ist also eine Untertreibung. Das Gebäude wäre demnach 24 mal so hoch wie der Burj Khalifa, im Moment das höchste von Menschen errichtete Bauwerk der Welt. Von seiner Spitze können Raketen abgeschossen werden (ich hoffe mal, zu friedlichen Zwecken wie der Exploration des Weltraums und so).
Zugegeben, der passend benannte Tall Tower ist nicht allein Neal Stephensons Gehirn entsprungen (auch wenn sich in seinen Romanen wie Snow Crash oder Diamond Age bereits Ansätze und Vorstellungen bombastischer Architektur und cleverer Gadgets finden lassen). In Wirklichkeit wurde die Idee vom Center for Science and the Imagination (CSI) erarbeitet (hier speziell von dem Ingenieur Keith Hjelmstad). CSI ist eine Art Science-Fiction-Thinktank in dem sich Wissenschaftler und Autoren treffen.
Keine Ahnung, wie praxistauglich und ernst gemeint deren Ideen so sind (CSI, rly?), aber wir haben zu unseren Lebzeiten bereits erleben dürfen, wie manch Science-Fiction-Idee Einzug in unseren Alltag gehalten hat. Insofern lohnt es, sich auch mal die anderen Ideen des CSIs anzugucken. Vielleicht bohren wir wirklich eines Tages auf Asteroiden nach Wasser. (via)
Ich habe eine halbwegs okaye Rechtschreibung und ein relativ gutes Sprachempfinden, auch wenn Erstere seit meiner Schulzeit (und einer Rechtschreibreform) ziemlich gelitten hat, aber Grammatik habe ich immer aus dem Bauch heraus (kein schlechter Partner!) verstanden. Jetzt gibt es anscheinend (endlich!) den Beweis, dass diese Herangehensweise nicht die Verkehrteste ist. Grammatik kommt zwar nicht aus dem Bauch, aber durchaus aus dem Unbewussten. Wissenschaftler der Universität Oregon haben herausgefunden, dass unserem Gehirn Fehler auffallen, selbst wenn sie uns bewusst nicht auffallen.
Das Experiment dafür ist eigentlich recht simpel, aber ich kann schwerlich einschätzen, ob es unangreifbar, wissenschaftlich valide usw. ist. Ich mag einfach das Ergebnis.
Man zeigte Versuchspersonen 280 Sätze, ein Wort nach dem anderen. Manche Sätze grammatikalisch und orthografisch richtig, manche falsch. Davor oder danach spielte man einen Ton ab, zur Ablenkung. Spielte man den Ton nach einem Fehler ein, erkannten 89% der Probanden den Fehler. Spielte man den Ton vor dem falschen Wort ein, erkannten lediglich 51% der Probanden den Fehler. Das Gehirn zeigte aber in jedem Fall eine Aktivität, die darauf hinwies, dass es den Fehler erkannt hat (das nennt man ERP für „Event-Related Potential“, ereignisbasiertes Potential).
In etwa ist das das Prinzip, nachdem wir Buchstabenbrei durchaus einen Sinn geben können. Beispiel: „Luat enier sidtue an eienr elgnhcsien uvrsnäiett, ist es eagl in wcheler rhnfgeeloie die bstuchbaen in eniem wrot snid.“ – Wir können das lustigerweise ohne besondere Schwierigkeiten lesen. Unser Gehirn korrigiert den Satz für uns, ohne unser Zutun. Der Satz ist natürlich extrem, aber in kleinerem Maßstab übernimmt das unser Gehirn komplett für uns und wir bemerken den Fehler bewusst gar nicht erst.
Nun ist es keine große Neuigkeit, dass Kinder Grammatik nicht aus Büchern lernen, sondern durch vor allem durch Zuhören, „aus dem Bauch heraus“. Kinder erlernen Grammatik, ohne die Regeln zu kennen. Ihr Gehirn erkennt die Regeln, ohne dass sie sie reproduzieren könnten. Aber sie sind in der Lage, grammatikalisch korrekte Sätze zu bilden.
So ähnlich verfahre ich, halbwegs erfolgreich, mit Fremdsprachen, vor allem dem Englischen: Viel Slang oder ungewöhnliche Grammatik, eigne ich mir an, indem ich lese. Ich erfasse implizit die Grammatik, aber ich könnte nicht wiedergeben, nach welchem System sie funktioniert. Jetzt weiß ich, woran das liegt. Danke Wissenschaft!